Die Opernhäuser in Paris und Lüttich zeigen Ambroise Thomas’ Hamlet: Beide Produktionen überzeugen mit einer gelungenen Regie – und vorzüglichen Sängerleistungen.
Von Manuel Brug
Sterben oder nicht sterben, das ist hier die Frage. Bei Shakespeare ist alles klar: Da sind am bösen Hamlet-Ende alle Hauptdarsteller tot. Doch die Oper folgt eigenen Gesetzen. Vor allem im 19. Jahrhundert, als der wegen der emotional-verbrecherischen Umtriebe seiner eigenen Familie Amok laufende Dänenprinz noch längst nicht jener gebrochene Theater-Psychopath war, als der er heute gilt.
Durch diverse Bearbeiterhände gegangen, erblickte der Stoff – die italienische Vertonung Amleto von Franco Faccio aus dem Jahr 1865 war lange vergessen, erlebte aber ab den 2010er-Jahren mehrere Produktionen – endlich 1868 als Grand opéra von Ambroise Thomas das Licht der französischen Vokalbühne. Mit Balletteinlage, verbürgerlichtem und sentimentalisiertem Hauptcharakter, um viele verästelte Nebenhandlungen gebracht, dafür mit einer aufgewerteten Ophelia, vielen effektvollen Geisterauftritten von Hamlets totem Vater – am Ende sitzt, anders als in Shakespeares Original, der Prinz auf dem väterlichen Thron und die ehebrecherische Mutter Gertrud überlebt und geht ins Kloster. Für eine Londoner Aufführung freilich musste ein tragischer Schluss nachkomponiert werden.
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