Ersan Mondtag zeigt Marschners Vampyr in Hannover als kreischiges Kindergeburtstagstreiben. Bei aller optischen Überwältigungskraft ist in Fragen der Personenregie noch Luft nach oben.
Von Manuel Brug
Sorry, aber man muss es sagen, auch wenn es die (in Ermangelung eines anderen bedeutenden Komponisten außer des noch weniger bedeutenden Agostino Steffani) Heinrich-Marschner-Stadt Hannover nicht gerne hört: Sein Vampyr ist ein elendig fades Machwerk. Simple Tonarten, biedermeierlich brave, nähmaschinenwacker dahinsurrende Melodeien, eine komplizierte, entscheidende Figuren nur peripher oder viel zu spät einführende Handlung, ein dämlich schüttelreimender Text – da ist nicht wirklich viel zu retten.
Andererseits, und genau deshalb auch erscheint das einstige Erfolgsstück des von 1831 bis zu seinem Tod 1861 hier als Hofkapellmeister wirkenden Marschner doch zu Recht nach Jahrzehnten wieder an der Staatsoper Hannover: Mit der Vampir-Blutlinie war er einem bis heute im Kino fröhliches Gruseln vermittelnden, die romantische Literatur stark durchziehenden Thema auf der Spur. Und sowohl mit der (leider nur schwächlich-düsteren) Auftrittsarie des blutsaugenden Lord Ruthven als auch mit der großen, damenchorbegleiteten Solonummer der auf ihren schwärmerisch ersehnten Retter wartenden Emmy sowie mit der Figur des seine Tochter Malwina allzu gern an den meistbietenden Bräutigam verschachern wollenden, kapitalistisch geprägten Vaters Sir Humphrey hat Marschner dem höchst beeindruckten, gern als diebische Elster bei den Kollegen naschenden Richard Wagner feinste Vorlagen geliefert.
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: