Enrico Caruso: der größte italienische Tenor aller Zeiten?
Allgemein
Die Frage nach dem größten italienischen Tenor lässt sich nicht so einfach beantworten, da die Geschichte der Oper – speziell die der italienischen Oper – eine Reihe von großen Tenören hervorgebracht hat, von den jeder über unterschiedliche Qualitäten verfügte bzw. verfügt und daher den Rang des größten italienischen Tenors aller Zeiten für sich beanspruchen könnte. Kriterien wie Stimmklang, Ausdruckskraft, Ausgewogenheit und Darstellungstalent sind zudem sehr subjektiv, und ein Urteil fällt schon deshalb schwer, weil viele Tenorstimmen aus der Zeit vor den technischen Tonaufzeichnungsmöglichkeiten für den heutigen Vergleich nicht mehr herangezogen werden können.
Ein möglicher Kandidat aus der jüngeren Vergangenheit könnte aufgrund seiner auch weit über Opernkreise hinaus wirkenden Prominenz der italienische Tenor Luciano Pavarotti (1935-2007) sein. Vielen aber gilt Enrico Caruso (1873-1921) als Inbegriff des italienischen Tenors, der in den Jahrzehnten um 1900 international Karriere machte und nicht nur sein Publikum verzauberte, sondern auch zahlreiche Komponisten dazu anregte, Werke für den einmaligen Klang seiner Stimme zu schreiben
Enrico Caruso: Leben
Enrico Caruso wurde in ein arme, kinderreiche Familie in Neapel hineingeboren. Schon als Kind sang er im Kirchenchor Knabenalt und erregte mit seiner Stimme die Aufmerksamkeit des Pfarrers. Caruso studierte daraufhin privat Gesang bei lokalen Lehrern, ab 16 dann bei Guglielmo Vergine. Ein weiterer Lehrer war Vincenzo Lombardi. Sein erstes Engagement fand er in seiner Heimatstadt Neapel, der er zeitlebens durch eine zwiespältige Liebe verbunden blieb, da man ihm, seiner Ansicht nach, dort nicht die nötige Anerkennung zollte. In den vier Jahren nach seinem Debüt blieb seine Karriere unbeachtet. Erst mit der Partie des Loris bei der Premiere von Umberto Giordanos Fedora – in Mailand – begann Carusos unaufhaltsamer Aufstieg. Den endgültigen internationalen Durchbruch erlebte er 1903 an der Metropolitan Opera in New York City in Verdis Rigoletto.
Seine wohl berühmtesten Rollen waren Canio in Leoncavallos Pagliacci und Radamès in Aida. Caruso, dessen Repertoire 67 Partien umfasste, sang in Mailand, Neapel, London und vor allem New York . Hier war er über insgesamt 18 Spielzeiten hinweg festes Mitglied des Ensembles der Metropolitan Opera. Zudem wusste Caruso die Technik seiner Zeit für seine Karriere zu nutzen: Insgesamt 498 Schallplattentitel nahm Caruso im Laufe seines Lebens auf, von denen allerdings einige unveröffentlicht blieben. Darunter sind nicht nur Opernarien, sondern auch viele volkstümliche Lieder des Repertoires der „Canzone napoletana“, insbesondere „’O sole mio“ von Eduardo Di Capua, dem er zu Weltruhm verhalf. Sein 1904 für Victor aufgenommenes „Vesti la giubba“ (aus Pagliacci) gilt mit über einer Million verkaufter Schallplatten seit der Veröffentlichung im Mai desselben Jahres als erster Millionenseller der Schallplattenindustrie.
Mit seinem Privatleben sorgte Enrico Caruso für Aufmerksamkeit. Acht Jahre lebte er unverheiratet mit der Opernsängerin Ada Giachetti zusammen, mit der er zwei Söhne hatte, Rodolfo und Enrico. Die Kinder sollen nach Hauptpersonen der Oper La bohème benannt worden sein, in der sich die Eltern kennengelernt hatten. Ada verließ den oft untreuen Caruso, worauf dieser einige Zeit mit Adas Schwester Rina zusammen lebte, bis er 1918 überraschend die amerikanische Millionärstochter Dorothy Park Benjamin heiratete. Mit ihr bekam er im Alter von 45 Jahren eine Tochter, Gloria.
Im Spätherbst 1920 zog sich Caruso durch eine Erkältung eine eitrige Rippenfellentzündung zu. Obwohl er während einer Vorstellung von L’elisir d’amore Blut zu husten begann und starke Schmerzen hatte, wurde die Erkrankung nicht rechtzeitig entdeckt. Nach einem Zusammenbruch zu Weihnachten 1920 wurde er operiert und überlebte nur knapp. Er kehrte daraufhin im Frühjahr 1921 zu einem Erholungsurlaub nach Italien zurück. Im Grand Hotel Vesuvio in Neapel starb er kurz danach im Alter von 48 Jahren an einer Brustfellentzündung und Blutvergiftung, bevor er sich auf den Weg nach Rom zu seinen Ärzten ins Krankenhaus begeben konnte.
Enrico Caruso: Stimme und Nachwirken
Enrico Caruso war als Sänger berühmt für seinen baritonalen Stimmklang und seine Bühnenpräsenz. In einer Aufführung von La bohème sang er für den plötzlich stimmlosen Bass Collines Arie „Vecchia zimmarra“ so überzeugend, dass es im Publikum niemand merkte und er die Arie später sogar aufzeichnete. Sein Sängerformant wurde mit 2800 Hz festgestellt. Seine Bühnenpartnerin Geraldine Farrar berichtete darüber, wie sie das erste Mal mit Caruso auf der Bühne stand und vergaß zu singen, weil sie über die Schönheit seines Gesangs in Tränen ausbrach. Lina Cavalieri fiel ihm auf offener Bühne um den Hals und küsste ihn aus Begeisterung so leidenschaftlich, dass dieser Kuss als der erste „echte“ Bühnenkuss in die Annalen der Geschichte einging. Der Name Carusos ist derart berühmt und legendär geworden, dass man einen Sänger immer wieder mit Caruso vergleicht. Die, die ihn erlebt haben, beschrieben das Einsetzen seiner Stimme mit der warmen Macht einer Orgel.
Caruso war zunächst ein Vertreter der alten italienischen Schule des Belcanto, etablierte jedoch wegen der Dramatik des Verismo einen neuen, beispielhaften Gesangsstil, bei dem nicht der schöne Vortrag im Vordergrund stand, sondern das Einswerden mit der dargestellten Figur. Bei seinen Gastspielen wurde Caruso mit Ehrenbezeugungen überhäuft, in Berlin sammelten sich 30.000 Menschen vor der Oper, um Caruso für eine Minute zu sehen. Caruso war ein Großverdiener der Opernszene und der erste, der Stierkampfarenen mit seinem Gesang füllte (im November 1919 in Mexiko-Stadt vor 25.000 Menschen). Caruso hält auch den Rekord von 863 Auftritten auf der Bühne der Metropolitan Opera binnen 17 Jahren. Somit sang Caruso mehr Vorstellungen an der Met als an allen anderen Opernhäusern weltweit.
Quelle: Wikipedia