In Braunschweig inszeniert die dortige Operndirektorin Isabel Ostermann Das große Heft von Sidney Corbett. In der Produktion sieht sich die Kunst unversehens brutal von der Wirklichkeit gespiegelt.
Von Manuel Brug
Nein, sie schenken ihrem Publikum nichts. Aber dafür sind die beiden Damen, die Generalintendantin Dagmar Schlingmann und die Operndirektorin Isabel Ostermann, ja auch bekannt, sie erfüllen nur ihre kulturpolitische Pflicht, selbst in Post-Corona-Zeiten, wo man um die Zuschauer umso stärker kämpfen muss. Was sie offenbar besonders motiviert. Und so steht kurz nach dem weit zugänglicheren, unbedingt empathietreibenden Dead Man Walking Jake Heggies am Staatstheater Braunschweig schon wieder die nächste Premiere einer zeitgenössischen Oper an. Und neuerlich ist es keine schlagzeilenträchtige Uraufführung, sondern das umso wichtigere Nachspielen eines sehenswerten Stückes.
Und die Wahl ausgerechnet des 2013 erstmals in Osnabrück gegebenen Großen Hefts von Sidney Corbett nach dem viel rezipierten gleichnamigen Roman der ungarisch-schweizerischen, in französischer Sprache schreibenden Schriftstellerin Ágota Kristóf, erschienen 1986 als erster Band einer Trilogie, als „Livre Européen“ ausgezeichnet und in mehr als 30 Sprachen übersetzt, ebenfalls 2013 vom ungarischen Regisseur János Szász verfilmt – sie wirkt nun, in Zeiten eines Angriffskrieges, wie er in Europa für überwunden gehalten wurde, fast wie schaudern machende Prophetie. Schließlich wird hier kühl und abstrakt, fast gleichnishaft und protokollartig davon erzählt, wie der Krieg die Menschen in die Grausamkeit treibt.
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