Opern für Anfänger – was eignet sich zum Einstieg?
Die Welt der Oper umgibt ein eigener Nimbus. Wer nicht von klein auf damit sozialisiert wurde, hat oft Hemmungen dieses Universum zu betreten. Als Hinderungsgründe fallen gerne Begriffe wie: zu schwer, langweilig, versnobt, altmodisch. Vorurteile, die ihre Berechtigung haben, sich jedoch widerlegen lassen. Mit einem guten Einstieg, einer positiven ersten Erfahrung. Was muss eine Oper bieten, um Anfänger (egal welchen Alters) nachhaltig zu begeistern?
Anknüpfungspunkt: die Musik
Packend, eingängig und abwechslungsreich sollte die Musik sein. Mit interessantem Instrumentarium und vielen Farben im Orchester. Wer es luftig und leicht angehen möchte, ist bei Gioachino Rossini (Il barbiere di Siviglia) und Gaetano Donizetti (L’elisir d’amore) bestens aufgehoben. Gut fassbare Musik, rasant, prickelnd wie Champagner, mit einer ordentlichen Prise Humor.
Ein möglicher Einstieg könnte über eine bekannte Arie erfolgen. Denn sobald wir uns auskennen, stellen sich Vertrautheit, Wohlgefallen und innere Sicherheit ein. Im Laufe der Zeit sind einzelne Arien losgelöst vom Gesamtwerk, dem sie entnommen sind und auch vom Genre Oper an sich zu echten Hits geworden. Etwa durch die Verwendung in Filmen oder in der Werbung, bei Sportveranstaltungen oder Talentshows. „Nessun dorma“ aus Giacomo Puccinis Turandot, das Auftrittslied der Carmen (die „Habanera“) in Georges Bizets gleichnamiger Oper. Warum nicht einmal das Ausgangswerk im Ganzen erkunden?
Anknüpfungspunkt: der Inhalt
Operneinsteiger sollten sich bei der Wahl des Werks auch inhaltlich angesprochen fühlen. Unsterbliche Liebe, rasende Eifersucht, kaltblütige Rache, ausweglose Kriege, grenzenlose Freiheit. Große Gefühle und emotionale Achterbahnfahrten sind in der Opernwelt das tägliche Brot.
Das mag manchen zu dick aufgetragen sein, hat aber für jede Gemütslage etwas zu bieten. Die in Opern abgehandelten Stoffe, oft literarischen Vorlagen folgend, decken eine immense Bandbreite ab: Märchenerzählungen (Gioachino Rossinis Cenerentola), archaische Mythen- und Sagenstoffe (Elektra von Richard Strauss, Richard Wagners Ring des Nibelungen), von realen Personen inspirierte Dramen (Umberto Giordanos Andrea Chénier), sozialkulturelle Konflikte (Jenůfa von Leoš Janácek). Eine ansprechende Umsetzung des Inhalts auf der Bühne, sei es in einer modernen oder eher traditionellen Interpretation, kann vielen Neulingen das Eingangstor zur Welt der Oper aufschließen.
Anknüpfungspunkt: die Inszenierung
Natürlich führt der Weg des Gefallens auch über die Optik. Bei Operneinsteigern wahrscheinlich sogar noch mehr. Am Beginn einer lebenslangen Begeisterung könnte ein fantasievolles Bühnenbild stehen, das sich unvergesslich einprägt. Anthony Minghellas Madama Butterfly-Inszenierung beispielsweise verzaubert mit starken Farben, prächtigen Kostümen, einem riesigen Spiegel und Puppenspielern. Margarete Wallmanns Tosca-Inszenierung an der Wiener Staatsoper ist seit 1958 (!) zu sehen und hat von ihrer Attraktivität, Schlagkraft und Stimmigkeit über all die Jahre so gut wie nichts eingebüßt. Immer noch hält das Publikum den Atem an am Beginn des dritten Aktes, wenn die Sterne funkeln und der Tenor in der Rolle des Malers Cavaradossi seine Arie „E lucevan le stelle“ singt.
DIE ideale Einsteigeroper lässt sich nicht endgültig festmachen. Zu unterschiedlich sind die Geschmäcker, Voraussetzungen und Erwartungshaltungen. Zur Vorbereitung oder Einstimmung könnte anfänglich eine CD-Aufnahme herangezogen werden. Man macht es sich daheim gemütlich, bestimmt die Verweildauer selbst, kann Passagen überspringen oder noch einmal hören. Vielleicht markiert eine Freiluft-Opernaufführung im Sommer den idealen Start? Die besondere Atmosphäre in einem Opernhaus, der ganz eigene Geruch im Parkett, die mit Spannung aufgeladenen Momente vor Vorstellungsbeginn lassen sich jedoch durch nichts ersetzen. Das Ambiente und die Rahmenbedingungen (Thema Kartenpreise) dürfen keinesfalls unterschätzt werden. Ebenso wenig die Bedeutung einer musikalisch hochwertigen Darbietung, vielleicht sogar mit einem amtierenden Opernstar.