Warum werden Opern auf Italienisch gesungen?
Allgemeines
Für viele ist der Klang der italienischen Sprache an sich schon wie Musik. Das allein ist aber nicht der Grund, warum viele Opern, die heute auf dem Spielplan stehen, auf Italienisch gesungen werden. Dies hängt vielmehr mit der Geschichte dieser Kunstform zusammen, ihrer Erfindung und der weiteren Entwicklung.
Warum werden Opern auf Italienisch gesungen: Anfänge der Oper
Die Oper im heutigen Sinn entstand Ende des 16. Jahrhunderts in Italien, genauer gesagt in Florenz. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Florentiner Camerata, ein akademischer Zirkel, in dem sich Dichter, Musiker, Philosophen, Adelige und Mäzene zusammenfanden, die sich um eine künstlerische Wiederbelebung des antiken griechischen Dramas bemühten. Ihrer Meinung nach waren daran Gesangssolisten, Chor und Orchester beteiligt, wie man sie heute noch in der Oper kennt. Schon die ersten Werke der neuen Gattung (darunter Monteverdis berühmter L‘Orfeo, 1607 in Mantua) wurde in der Muttersprache ihrer Autoren gesungen, und bald schon verbreitete sich die Oper in ganz Italien, und zwar nicht nur an den Höfen des Adels, sondern auch – insbesondere in Venedig und Neapel – als privatwirtschaftliches Unternehmen für ein bürgerliches Publikum.
Zwar bildeten sich im Laufe des 17. Jahrhunderts auch in anderen Ländern eigensprachliche Operntraditionen nach italienischem Vorbild aus. Insbesondere die höfische Oper pflegte aber das Italienische, die Ursprungssprache der Oper – mit Ausnahme von Frankreich, wo Jean-Baptiste Lully (1632-1687), Hofkomponist Ludwigs XIV., mit der Tragédie lyrique eine eigene nationale Form der französischen Oper begründete.
Opera seria
Nach ihren „bunten“ Anfängen festigten sich bestimmte Gattungsmerkmale der Oper, was Ende des 17. Jahrhunderts in die mehr oder weniger standardisierte Form der Opera seria mündete: ein Prototyp der italienischen Oper, der über ein Jahrhundert lang die Bühnen Europas dominierte und an Hofopern fast ausschließlich (und vor meist adeligem Publikum) gespielt wurde. Die Opera seria beruhte als Repräsentations- und Legitimationsbedürfnis des Adels getragene Form mehrheitlich auf mythologischen oder historischen Stoffen und handelte im Regelfall von Göttern, Halbgöttern, Heroen, Fürsten sowie deren Geliebten. Die Libretti zu diesen Geschichten lieferten wiederum größtenteils italienische Dichter, die sich oft auf diese Literaturgattung spezialisiert hatten.
Auch die von Spanien über Deutschland bis Russland aktiven Hofkomponisten stammten häufig aus Italien und waren mit dem Idiom daher sehr vertraut. Doch auch nicht-italienische Komponisten, sondern auch anderssprachige Komponisten, darunter Georg Friedrich Händel, Johann Adolph Hasse und der junge Wolfgang Amadeus Mozart, komponierten den Vorgaben der Opera seria gemäß auf italienische Texte. Zur Hochblüte gebracht wurde das Konzept vom später in Wien tätigen italienischen Dichter Pietro Metastasio, dessen Texte mehrfach und von verschiedenen Komponisten vertont wurden.
Repertoire
Auch wenn die Opera seria als Inbegriff der Oper des 18. Jahrhunderts wesentlich zum Eindruck beigetragen hat, dass Italienisch die gängige Opernsprache sein, gibt dafür auch noch andere Gründe. Im Zusammenhang mit dem überall in Europa aufkommenden Nationalbewusstsein kam es auch in der Musik und im Musiktheater immer mehr zu Ausbildung nationaler Richtungen. In Deutschland etwa waren es Komponisten wie Mozart und nach ihm Carl Maria von Weber und später Richard Wagner, die an der Entwicklung einer eigenständigen, deutschen (und damit deutschsprachigen) Oper arbeiteten. Aber auch in Ländern wie Russland, Polen oder Tschechien hatten sich Opernkomponisten das Ziel gesetzt, die kulturelle Identität ihrer Heimat durch entsprechende Bühnenwerke in ihrer jeweiligen Muttersprache zu stärken.
Gleichzeitig aber blieben die Opern italienischer Komponisten international beliebt – im Kernrepertoire der Opernhäuser stehen Werke von Meistern wie Rossini, Verdi, Donizetti, Bellini und später Giacomo Puccini noch immer an der Spitze der Beliebtheitsskala: Aus dem Mutterland der Oper stammend, verstanden sie es, besonders bühnenwirksam zu komponieren und das Publikum mit eingängigen Melodien, die wie Verdis „La donna è mobile“ aus Rigoletto zu den bekanntesten Ohrwürmern der Klassik zählen, für sich einzunehmen. Vielerorts war es in Deutschland übrigens bis vor wenigen Jahrzehnten üblich, dass man fremdsprachige Operntexte, auch italienische, ins Deutsche übersetzte, um die Bühnenhandlung nachvollziehbarer zu machen. Erst danach kehrte man zur Praxis zurück, italienische Opern wieder in der Originalsprache aufzuführen.
Quelle: Wikipedia