Wie ist eine Oper aufgebaut? – Allgemeines
Opern sind von einer Formenvielfalt geprägt, die durch konventionelle Kompositionsstile ebenso wie durch individuelle Lösungen der Komponisten bestimmt wird. Deshalb gibt es keine allgemeingültige Antwort auf die Frage „Wie ist eine Oper aufgebaut?“. Grob gesehen, kann man jedoch eine Entwicklung von der Nummernoper über viele verschiedene Mischformen bis hin zur durchkomponierten Oper gegen 1900 feststellen.
Wie ist eine Oper aufgebaut? – Nummernoper
Von ihren Anfängen im 17. Jahrhundert bis in die Romantik des 19. Jahrhunderts hinein ist die Oper eine Aneinanderreihung in sich geschlossener Musikstücke (Nummern), die durch Rezitative oder (im deutschen oder französischen Singspiel) gesprochene Dialoge miteinander verbunden werden und eine durchgängige Handlung darstellen. Wie auch das Schauspiel kann eine Oper in Akte, in Bilder, Szenen bzw. Auftritte gegliedert sein. Die musikalischen Bestandteile der Oper sind vielfältig. Rein instrumentale Teile sind:
- Ein eigenständiges Musikstück ist die Ouvertüre (auch Sinfonia), die eine Oper eröffnet. Seit dem 19. Jahrhundert wird zunehmend thematisches Material aus der Oper zitiert; manche Ouvertüren schildern auch wesentliche Züge der Handlung (Programmouvertüre).
- Die Introduktion oder das Vorspiel ist meist kürzer als eine Ouvertüre und geht oft direkt in die erste Szene über.
- Ein Entr‘acte oder Zwischenspiel des Orchesters verbindet Akte, Bilder oder Szenen.
- Ballettmusik-Einlagen (vor allem in der französischen Oper).
- Viele Opern enthalten zudem einzelne Gesellschaftstänze, Märsche, Pantomimen, Auftrittsmusiken etc. Frühe französische Opern werden durch eine Reihe kleiner Tanzstücke (Divertissements) beschlossen.
Zu den Gesangsnummern einer Oper gehören:
- Arie als Oberbegriff für alle Sologesänge in der Oper. Andere Bezeichnungen für Solostücke sind Lied, Cavatine, Couplet, Ariette, Romanze, Ballade. Virtuose italienische Arien haben oft einen verzierten Schlusssatz (Cabaletta). Die Arie beschreibt häufig einen Gefühlszustand, Erinnerungen oder Gedanken der singenden Figur.
- Ensembles sind Gesänge für mehrere Solostimmen: Duett, Terzett, Quartett etc., oft Finale eines Akts.
- Chöre (meist in Volks- und Massenszenen)
Handlungsbetonende Passagen und Gesänge sind:
- Rezitativ: eine Textvertonung, die sich dem Sprachrhythmus und der Sprachmelodie angleicht. Es dient hauptsächlich dazu, Handlung zu transportieren, vor allem in Dialogszenen. In der Musik des Barocks und der Klassik unterscheidet man zwischen Recitativo secco, (ital. secco, trocken) und Recitativo accompagnato (ital. accompagnato, begleitet). Beim Secco-Rezitativ wird der Sänger von einem oder wenigen Instrumenten begleitet, meistens ein Bass- und ein Harmonieinstrument (Zupf- oder Tasteninstrument). Beim Accompagnato-Rezitativ ist die Begleitung für das Orchester auskomponiert.
- Die Szene, ital. Scena, entstand im 19. Jahrhundert aus dem handlungsbetonten Rezitativ und wird vom Orchester begleitet.
- Das Melodram besteht entweder aus musikbegleitetem Sprechen oder aus musikbegleiteter Pantomime.
Wie ist eine Oper aufgebaut? Durchkomponierte Großform
Die Trennung der Nummern und die Abgrenzung zwischen Rezitativ und Arie wurden im 19. Jahrhundert in Frage gestellt. Ab 1825 verschwand allmählich das Secco-Rezitativ, an seine Stelle trat in der italienischen Oper das Prinzip von scena ed aria, das bei Giuseppe Verdi die Akte zu einem größeren musikalischen Ganzen formt. Richard Wagner propagierte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts den Verzicht auf die Nummernstruktur zugunsten eines durchkomponierten, auf der Grundlage von Leitmotiven geformten Ganzen. Für Wagners Opern hat sich der Begriff „Musikdrama“ durchgesetzt, das Stichwort „Unendliche Melodie“ steht für ein kontinuierliches Fortschreiten der musikalischen und emotionalen Entwicklung, das sich nach seiner Auffassung gegen musikalische Tanzformen durchsetzen sollte. Seine Oper Tristan und Isolde (1865) bezeichnete Wagner als „Handlung in Musik“, was an die ursprünglichen Opernbegriffe „favola in musica“ oder „dramma per musica“ erinnern sollte. Die durchkomponierte Form wurde im späten 19. Jahrhundert allgemein bevorzugt, auch bei Jules Massenet oder Giacomo Puccini, und blieb das vorherrschende Modell der frühen Moderne bis zum Neoklassizismus, der mit brüchigen Strukturen und mit Rückbezügen auf Formen der frühen Operngeschichte experimentierte. Auch in sich abgeschlossene Teile aus durchkomponierten Opern werden in Konzerten aufgeführt, wie etwa viele Arien aus Puccini-Opern. Als Meister der durchkomponierten Großform gilt Richard Strauss, der dies insbesondere in den Einaktern Salome und Elektra unter Beweis stellte. Im 20. Jahrhundert griffen viele Komponisten wieder auf das Nummernprinzip zurück, zum Beispiel Zoltán Kodály, Igor Strawinsky oder Kurt Weill. Die Nummernoper besteht außerdem in Operette und Musical weiter.
Quelle: Wikipedia