LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,
wer schon länger im Opernbereich unterwegs ist, dem blitzt beim Namen La Monnaie / De Munt eine besondere Assoziation auf. Eine positive, die gute Stimmung macht. Gerard Mortier, le-gendärer Opernermöglicher und Programmmacher, hatte das Brüsseler Haus Anfang der 1980er-Jahre innerhalb kürzester Zeit in den Mittelpunkt der Opernwelt gerückt. Die Produktionen wirkten wie Paukenschläge, deren Nachklänge noch längst nicht verhallt sind. Später übernahm Antonio Pappano für zehn Jahre die musikalische Leitung – goldene Zeiten! Bernard Foccroulle war Intendant, seit 2007 leitet der Belgier Peter de Caluwe in seiner nunmehr letzten Spielzeit das 19.-Jahrhundert-Schmuckkästchen. Das Bemerkenswerte daran: Brüssel hat nie von seiner Strahlkraft verloren. Kann man Ähnliches von anderen Häusern behaupten, zumal von deutschen? Die haben vielleicht mal für zehn Jahre (meistens kürzer) einen guten Lauf, wenn die Politik sich ausnahmsweise für den richtigen Intendanten entschieden hat, versinken dann aber regelmäßig auch wieder in der Bedeutungslosigkeit. Hamburg etwa ist hier so ein Beispiel, und auch in Berlin schaut man besser nicht genauer hin. Schon dass man Brüssel mit diesen Häusern vergleicht, obwohl es mit einem weit geringeren Budget ausgestattet ist, sagt alles.
Brüssel ist anders. Und die Intendanz von Peter de Caluwe ist es ganz besonders. Seit fast 20 Jahren leitet er La Monnaie / De Munt auf gleichbleibend hohem Niveau und unvermindert schöpferisch – eine Ausnahme im internationalen Operngeschäft. Unter ihm strahlt das Haus eine enorme Anziehungskraft und einladende Offenheit aus, die gleichermaßen die Künstler zu kreativen Höchstleistungen wie das Publikum in die Oper bringt. Auswahl, Anspruch und Ästhetik der Produktionen setzen regelmäßig Maßstäbe und erschließen die Oper auch jungen Generationen. Zugleich ist das Angebot eingebettet in einen umfassend verstandenen Auftrag an ein modernes Opernhaus, auf die Gesellschaft zuzugehen und Signale zu setzen für Nachhaltigkeit und Willkommenskultur. Keine Frage also, dass es für das „Beste Opernhaus 2025“ nur eine Wahl geben kann: das La Monnaie / De Munt in Brüssel! Am 21. Februar 2025 feiern wir genau hier die OPER! AWARDS und würdigen auch die weiteren 19 Preisträger, die allerdings erst im Rahmen der Award- Verleihung bekanntgegeben werden. Für alle, die nicht dabei sein können: Die Veranstaltung wird wieder live auf operavision.eu übertragen.
Was das Haus richtig macht, ist eine Menge. Sein Außenauftritt gehört ganz sicher mit dazu und sorgt dafür, dass ein breites Interesse entsteht an den Inhalten, die gezeigt werden. Die Verpackung stimmt. Und da sollte man nicht die Nase rümpfen, sondern sich fragen, ob man etwas davon lernen kann. „Mehr Gefühl als Bildung“, empfiehlt etwa die britische Marketingexpertin Julie Aldridge, wenn es darum geht, bei der jungen Generation für die Oper zu werben. Bei der gehe es mehr um das Gesamterlebnis als um Opernrezeption in der reinen Lehre. So sehr sich manch einer im ideologisch getränkten Operndeutschland auch dagegen wehren mag: Inhalte als einziges Überzeugungs-Argument werden überschätzt. Unser Autor Michael Stallknecht hat sich das Thema einmal genauer angesehen.
Und noch einen Schritt weiter ist man im angelsächsischen Raum, nämlich wenn es um das Mitschneiden von Oper und Konzert mit dem Handy geht. Eine Unsitte, schon weil es die Sitznachbarn stört, und eigentlich ein klares No-Go wegen der Urheberrechte, wird es von den Theatern, Orchestern und Künstlern doch nicht nur ungerne gesehen. Das City of Birmingham Symphony Orchestra hat sogar aktiv zum Mitschneiden und Posten auf den Social Media aufgerufen. Denn es bringt Öffentlichkeit. Ein breites Thema mit vielen Graubereichen, dem wir in der vorliegenden Ausgabe ebenfalls genauer nachgehen.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Ihr
Ulrich Ruhnke