Nach über drei Jahrzehnten präsentiert La Scala eine Neuinszenierung von Verdis Sizilianischer Vesper. Die kommt auf der Bühne deprimierend einfarbig daher, für Leuchtkraft sorgt allein die Musik.
Von James Imam
Verdis Vespri siciliani wurden schon von Anfang an immer wieder neu in Zeit und Raum konzipiert. Angesiedelt vor dem Hintergrund der Besetzung Siziliens durch die Franzosen im 13. Jahrhundert, erlebte das Werk seine Uraufführung 1855 auf Französisch an der Pariser Oper. Für die Produktion in Parma im Jahr darauf wurde es ins Italienische übersetzt, die Handlung dabei ins 17. Jahrhundert verlegt, und zwar nach Portugal unter spanischer Herrschaft, da Verdi befürchtete, die Zensoren könnten umstürzlerische Tendenzen im Stück entdecken. In Italien nämlich brodelte das Risorgimento-Fieber, und reale Revolutionäre planten die Vertreibung der fremden Herren und die Einigung des politischen Flickenteppichs zu einem Nationalstaat. So verwandelte sich das Stück in Parma zu Giovanna de Guzman und danach zu Batilde di Turenne in Neapel.
Regisseur Hugo De Ana adaptiert diesen Hintergrund erneut für seine aktuelle Scala-Produktion, die erste am Haus seit über 30 Jahren. Wo die Sizilianer beim Librettisten Eugène Scribe gegen die Franzosen rebellierten, wehren sie sich bei De Ana gegen behelmte Soldaten, die mit Gewehr, Panzer und Feldhaubitzen ausgerüstet sind – ein deutlicher Hinweis auf den Zweiten Weltkrieg, auch wenn der Regisseur in Vorabinterviews erklärte, er wolle das Publikum zu zeitgenössischen Assoziationen anregen, mutmaßlich zum Krieg in der Ukraine.
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