Das Theater an der Wien beginnt seine Saison mit einem szenisch desaströsen Donizetti-Abend. Denn die Inszenierung von Les martyrs gerät zum kreischbunten und gleichzeitig sinnfreien Spektakel. Gesungen und musiziert wird dagegen ganz überwiegend fein und gut.
Von Christoph Irrgeher
Es gibt Musiktheater-Produktionen, die an einer verunglückten Regie leiden; es gibt Opernabende, die kranken an einer öden Partitur. Und es gibt Gaetano Donizettis Les martyrs in der Regie von Cezary Tomaszewski, eine Produktion, die beide Übel miteinander verbindet: Die Premiere im Wiener Museumsquartier, das dem Theater an der Wien auch in dieser Saison noch als Ausweich-Spielstätte dient, erlegt dem Publikum ähnliche Martern auf, wie sie die leidensfreudigen Hauptfiguren ertragen müssen. Warum Intendant Stefan Herheim ausgerechnet diese Belcanto-Rarität angesetzt hat, erschließt sich bis zum Ende der sich in die Länge ziehenden drei Stunden nicht. Gut, das Werk aus den späten 1830er-Jahren besitzt ein Alleinstellungsmerkmal: Mangels eines italienischen Aufführungsorts ist Donizetti damit nach Paris ausgewichen und hat das Stück, ursprünglich Poliuto betitelt, zu einer vieraktigen Grand opéra erweitert. Der Tonfall von Les martyrs bleibt dennoch in einer bedauerlich banalen Manier Mustern des Belcanto verpflichtet: Floskelhafte Akkordfolgen und holzschnittartige Rhythmen bilden die Grundlage für eine fließbandartige Abfolge verwechselbarer Arien, Chorsätze und Ballettmusiken.
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