Mit Stewart Copelands Electric Saint und Die Oper #3 von Novoflot zeigte das Kunstfest Weimar in diesem Jahr gleich zwei Opern-Uraufführungen. Den hohen Erwartungen konnten beide nicht gerecht werden.
Von Roland H. Dippel
Weimar rangiert unter der Intendanz von Hasko Weber in Sachen intelligenter Oper in der ersten Reihe. Die Wiederentdeckung von Paul Dessaus Lanzelot bestätigt das ebenso wie der Kompositionsauftrag an Ludger Vollmer für die digitale Dystopie The Circle nach Dave Eggers. In der richtigen Konstellation kann das Deutsche Nationaltheater in der Klassikerstadt auch brachiale Comedy wie Die Gärtnerin aus Liebe. Verena Stoiber machte Mozarts Opera buffa am e-werk zur Dating-Show auf einer Studio-Insel mit Kameras, die den Darstellern bis unter die Dusche nachhetzten. Wenige Meter vom e-werk entfernt steht das Straßenbahndepot mit Rebecca Horns Rauminstallation Requiem für Buchenwald.
Der Opernspaß neben dem Monument war nicht pietätlos. Weil Theater, Konzert und viele neue Formate an der Ilm auch vor vielen internationalen Kulturreisenden aufgeführt werden, ist der intellektuelle Spagat zwischen Weimarer Klassik und Weimarer Republik, zwischen Bauhaus und der Gedenkstätte auf dem Gelände des Konzentrationslagers Buchenwald besonders groß. Erinnerung ist emotionale wie repräsentative Inspiration. In diesem Bewusstsein gestaltet Rolf C. Hemke seine Sparten- und Gattungsgrenzen überwindenden Kunstfest-Programme. Das schließt Ausstellungsprojekte mit thüringischen Galerien und Gemeinden mit ein – ebenso wie Darstellungen von globalen Veränderungen durch Industrie und Klima. Das Kunstfest Weimar 2021 verstand sich neben der Bundesgartenschau Erfurt als „Bundesgeistesschau“. Wenn das Deutsche Nationaltheater jetzt eine abendfüllende Oper beisteuert, sind die Erwartungen an die thematische Aussagekraft also besonders hoch. Diesen wurde die wegen der Pandemie um ein Jahr verschobene Uraufführung von Electric Saint des Police-Drummers Stewart Copeland jedoch nicht gerecht.
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