Damiano Michieletto inszeniert an der Bayerischen Staatsoper in München Verdis maßlos fordernde Aida. Elena Stikhina zeichnet die Titelfigur als modernes Frauenporträt.
Von Reinhard J. Brembeck
Der Held, ein zum Tode verurteilter Ex-General, sitzt stumm und bar jeder Hoffnung auf einem riesigen Aschehaufen, den der nicht nur in Giuseppe Verdis Aida allgegenwärtige Krieg nach und nach durch die zerstörte Decke einer Turnhalle hereingeweht hat. Das ist das desolateste und stärkste Bild, das sich Damiano Michieletto für seine im Heute spielende Neuinszenierung fürs Münchner Nationaltheater ausgedacht hat. Dirigent Daniele Rustioni ist ein faszinierender Draufgänger, immer ein wenig laut, ein wenig pauschal. Zur Depression seines Helden rührt er mit dem Bayerischen Staatsorchester düster Lastendes. Das gehört genauso zu Aida, die die ganze Welt abbilden will, von Triumphgetöse bis Foltertod, von Tyrannenwillkür zu absoluter Liebe, von höchstem Jubel zu abgrundtiefer Verzweiflung. Kaum ein Werk ist so umfassend vollständig wie Verdis drittletzte Oper, die aufgrund ihrer maßlosen Ansprüche nur schwer aufzuführen ist und nur selten gelingt.
All das Genannte will abgebildet werden, von Orchester, Chor, Bühnenteam und den drei zentralen Sängern, der Protagonistin und ihrem Lover, in den Aidas Nebenbuhlerin Amneris verliebt ist. Verdi komponiert dann in dem aus Bitternis und Seligkeit gemischten Finalbild tatsächlich und singulär eine Ménage à trois. Das ist das letzte vieler großer Fragezeichen hinter der hier beschworenen Liebe, die entweder nur im Tod oder gar nicht zu haben ist. Elena Stikhina, sie hat in München schon die Senta gesungen und wird auch als Manon Lescaut zu hören sein, ist zurückhaltend, so gar nicht Star und bei Michieletto die Zugehfrau der mächtig sich aufspielenden, ganz in schwarz aufgedonnerten Amneris von Anita Rachvelishvili.
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