Von wegen Sachertorte mit Schlagsahne: Ganz unwienerisch, und dennoch mit großem Schauwert, bringt Guy Joosten am Essener Aalto-Theater Richard Strauss’ Arabella auf die Bühne.
Von Stephan Schwarz-Peters
Ungeachtet ihrer musikalischen Schönheiten denkt man sich bei Arabella meist: Na ja, der Rosenkavalier ist dann doch noch mal ein anderes Kaliber. Durch allzu routinierten Einsatz, aber auch durch die in so völlig andere Richtungen weisenden musikalischen Entwicklungen seiner Zeit, haben die musikalischen Zauberzutaten von Meister Strauss um 1930 schon viel von ihrer Wirkung eingebüßt. Und wo Operettenadel und Fiakerball schon völlig aus der Zeit gefallen wirken – ja, wie soll man heut‘ noch allen Ernstes einem Frauenmund entströmende Zeilen wie „Und du wirst mein Gebieter sein und ich dir untertan“ goutieren, ohne dabei in Ratlosigkeit zu verfallen? Wirklich rund ist nur der erste Akt –, was man dem straussisch-hofmannsthalischen Gespann jedoch kaum vorwerfen kann, starb doch dessen textdichtender Teil urplötzlich, bevor er dem Restlichen den letzten Schliff verpassen konnte.
Umso spannender ist die Herausforderung für Regisseure, etwas Gescheites aus dem Stück zu machen. Dass es sich nicht unbedingt für Regietheater-Experimente eignet, hat Guy Joosten klug erkannt. Also gibt er ihm in seiner Essener Inszenierung formal die Anmutung einer flotten, gut gestrickten Boulevardkomödie, die bei aller geschickt eingeflossenen Situationskomik nicht über die „gefährlichen“ Stellen hinwegrauscht, sondern Konflikte scharf nachzeichnet und Problematisches analytisch klar benennt. Statt der Sachertorte noch eine Extraportion Schlagobers aufzuklatschen, serviert er so eine völlig neue, nie aber an dessen Kern vorbeigehende Version des Stücks.
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