Tobias Kratzer befreit in seiner Arabella an der Deutschen Oper Berlin die Menschen aus ihren Geschlechtsgrenzen, verheddert sich aber in der historistischen Anbahnung.
Von Andreas Berger
Da ist man aber wirklich froh, wenn man im dritten Akt angekommen ist und sich die Figuren in schlichtem, zeitlos geschnittenem Schwarzweiß-Outfit endlich wie Menschen begegnen dürfen. Richard Strauss’ musikdramatisch durchtoste Endzeit-Operette Arabella von 1933 startet in Tobias Kratzers Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin als üppig ausgestattetes Kostümspektakel des Historismus, das unter all den rauschenden Stoffen und Korsetts kein ernsthaftes Gefühl sichtbar werden lässt. Im Wiener Fasching des zweiten Akts verordnet Kratzer den Figuren dann eine Zeitreise von den Zwanzigern bis in ins Heute, während der schon einige Konflikte aufbrechen, aber auch hier bleibt Kleidung Kostüm, und die gezierten Anverwandlungen der jeweils zeitgemäßen Tänze wirken beim Opernballett eben auch sehr nach Ballett.
So sehr man Kratzers Zeitreise hin zur persönlichen und gesellschaftlichen Befreiung der Figuren verstehen kann, vielleicht hätte man sie nicht ganz so klischeehaft ausstatten müssen, wie Rainer Sellmaier und Clara Luise Hertel es in Berlin getan haben. Und es hätte wohl auch gereicht, sie im konservativen Milieu der 1980er-Jahre aufbrechen zu lassen, Blender wie die Waldners, die in einer Gesellschaft mithalten zu müssen glauben, die sie sich längst nicht mehr leisten können, hat’s ja zu allen Zeiten gegeben.
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: