In Nürnberg übersetzt Marco Štorman den Rosenkavalier in ein überzeitliches Kammerspiel – und beraubt ihn so der Aussage, die seine Autoren bewusst in eine bestimmte Zeitlichkeit eingebettet haben. Da rettet auch die Silberrose nichts.
Von Stephan Schwarz-Peters
Gute Besserung, Joana Mallwitz. Auf seiner Heimsuchungsreise quer durch die Opernwelt hatte das vermaledeite Virus im März auch Nürnbergs GMD auf die Route gesetzt. Infolgedessen verzögerten sich die Vorbereitungen zur anstehenden Rosenkavalier-Premiere. Als diese Anfang April endlich stattfinden konnte, befand sich die Dirigentin noch immer in Rekonvaleszenz und musste den Stab an ihren Stellvertreter Lutz de Veer weiterreichen: in treuhändischer Verwaltung ihrer Probenarbeit. Keine leichte Aufgabe, denn dass die Staatstheater-Architekten von einst das Haus und seine Akustik nicht explizit auf das klangprächtige Stück hin konzipiert haben dürften, beweist bereits der erste Orchestereinsatz, der knallig in die Glieder fährt – und Schlimmstes befürchten lässt, was die Gesamtbalance angeht.
Glücklicherweise pendelt sich das, auch dank der vokalen Durchsetzungskraft der Protagonisten, im Lauf des Abends ein; genau wie die im ersten Akt noch häufig zu vernehmenden Asynchronitäten zwischen Bühnen- und Grabengeschehen. Kurz vor Schluss, beim Damen-Terzett, glüht und wallt es dann so recht in üppiger Emphase, ist zielgerecht jener Überwältigungsgrad erreicht, der sich zuvor doch eher holpernd angebahnt hat. Wirklich versöhnt und straussberauscht geht man nach vier Stunden dennoch nicht aus dieser Aufführung. Tut uns leid, aber nach 16 Jahren Stückabstinenz hätte man sich von einer neuen Rosenkavalier-Produktion mehr erhofft.
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: