Die Frau ohne Schatten, die wohl rätselhafteste unter den Opern von Richard Strauss, überzeugt in Köln in der Regie von Katharina Thoma, auch wenn der Inszenierung die letzte Dringlichkeit fehlt.
Von Roland H. Dippel
Stellenweise gerät Die Frau ohne Schatten in der Riesenfläche des Staatenhauses zu einem fast ähnlich intimen Kammerspiel wie Ulrike Schwabs und Tobias Schwenckes Einrichtung Ende August an der Neuköllner Oper Berlin. Passt Richard Strauss’ und Hugo von Hofmannsthals komplizierteste Zusammenarbeit als Appell zur Notbremsung im Ressourcenmissbrauch? Das ist plausibel, wenn man das philosophische Drama über die spannungsgeladene Optimierung zweier Paare wirklich als Polarisierung von Extremlevels der globalen Gesellschaft setzt: Kaiserin und Kaiser als unbedarfte Konsumenten in der Komfortzone, die Färberin und der Färber Barak als Resteverwerter und Müllschlucker der Überflussproduktion. Also kein bildschönes Fortspinnen der Märchen aus 1001 Nacht in Köln, dafür nur wenig aufwühlende Schreckensbilder aus dem radikalisierten Kapitalismus. Für Strauss‘ nach dem Ersten Weltkrieg 1919 an der Wiener Staatsoper uraufgeführten Schönheitsrausch bildet diese Lesart erstaunlicherweise kein Dilemma. Signalwort: Fast Fashion, eines der Krebsgeschwüre aus der kommerziellen Maximierungsspirale. Die Materialentsorgung in Schwellen- und Entwicklungsländer lässt sich auch als generöse Aktion wohlhabender CO₂-Multiplikatoren feiern.
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