Die Oper Bonn zeigte Meyerbeers Ein Feldlager in Schlesien. Der szenisch wie musikalisch überzeugende Auftritt eines wenig gespielten Werks.
Von Roland H. Dippel
Meyerbeers Feldlager in Schlesien passt so gar nicht in aktuelle Vorstellungen von dramaturgischen Mustern im 19. Jahrhundert. Das Werk scheint als hybride Verblendung von Musiktheater, Repräsentationsgesinnung und Spektakel für uns heute so inkompatibel wie Webers Oberon oder Smetanas ebenfalls mit einer patriotischen Prophezeiung endende Libuše. Wegen sechswöchiger Pandemie-Verzögerung gelangte Giacomo Meyerbeers Partitur in der Edition von Volker Tosta an der Oper Bonn erst am 22. April zur Premiere. Der preußische Generalmusikdirektor Meyerbeer hatte zur Wiedereröffnung des nach einem Großbrand erneuerten Knobelsdorff-Baus Unter den Linden 1844 eine seiner Kernaufgaben erfüllt. Hierzu gehörte die Bereitstellung höfischer Repräsentationsmusik für gesellschaftliche Anlässe, höfische Konzerte und die Bühne in Berlin. Der erste Akt ist noch am ehesten als „Singspiel“, wenn auch in ganz großer Besetzung, zu bezeichnen, der zweite als riesiges Chor-Tableau in Form einer Kantate vor dem „Hintergrund des Riesengebirges mit der Schneekoppe“ und der dritte als apotheotisches Kammerspiel bei Hofe. Alles dreht sich dabei um den Preußenkönig Friedrich II., auch wenn er selbst gar nicht auftritt.
Sehr subtil haben Meyerbeer, der dichtende Musikkritiker Ludwig Rellstab und Eugène Scribe ihr vaterländisches Spektakel mit humanen Ideen angereichert. Eine „Zigeunerin“, nicht ein Soldat oder Adeliger, singt den Übergang zu den neun, für die Bonner Produktion gestrichenen „lebenden Traumbildern“ des Epilogs, in denen Borussia und der Chor Stationen der Geschichte kommentieren – unter anderem „Das alte Opernhaus“ (III), „Brand des Opernhauses“ (VIII) und „Das neue Opernhaus“ (IX).
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