Robert Schumanns Genoveva in musikalischer Bestform bei den Dresdner Musikfestspielen: ein beeindruckendes Plädoyer für den ungewöhnlichen Versuch einer deutschen Nationaloper.
Von Roland H. Dippel
Im dritten Akt wagnert es dann doch bei den Trugbildern im Zauberspiegel. Dabei sollte Robert Schumanns erste und zugleich letzte vollendete Oper Genoveva ein musikdramatisches Gegenbild zu Wagner, aber auch zu den von Schumann als „unvermeidliche Drei“ bezeichneten Italienern Rossini, Donizetti, Bellini und erst recht zur Grand opéra Meyerbeers sein. Restlos begeistert war nach der Uraufführung am 25. Juni 1850 im Stadttheater Leipzig aber nur Schumanns Ehefrau Clara. Sie vergötterte die Empfindsamkeit der Genoveva-Musik und hielt später mit gleicher Sichtweise große Stücke auf Max Bruchs Loreley. Trotz des mit vielen Seligpreisungen für Schumanns op. 81 garnierten Einsatzes von Dirigenten wie Kurt Masur und Nikolaus Harnoncourt, trotz regelmäßiger Aufführungstätigkeiten vor allem in Roberts und Claras Heimat lässt die großflächige Begeisterung für Genoveva bis heute auf sich warten. Es tut dem milden Werk besser, wenn man es eher zu Schumanns Faust-Szenen und dessen Der Rose Pilgerfahrt in Beziehung setzt als zu Tageserfolgen wie Marschners Vampyr.
Was im Kulturpalast zu hören war, kam einer Revolutionierung des herkömmlichen Schumann-Images gleich. Wie jetzt vom Helsinki Baroque Orchestra in der Konzert-Rubrik „Originalklang“ der Dresdner Musikfestspiele hat man die romantische Innigkeit und fast manische Detailbesessenheit des Komponisten nicht einmal im Schumann-Land Sachsen erlebt: Mit geschärftem Kolorit, mit vom Evergreen „Wenn ich ein Vöglein wär’“ in heftigere Klangrhetorik hochfahrenden Steigerungen und hervorragenden Sängerleistungen. Letztere warfen allerdings auch Fragen zum historisch korrekten Vorgehen auf.
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