Regisseur Kay Link findet in Detmold für Händels Serse wuselige, aber auch prägnante Bilder. Die regen unter anderem zum Nachdenken über traditionelle Geschlechterrollen an. Ein fantastisches Sängerensemble rundet die gelungene Produktion ab.
Von Christoph Schulte im Walde
Welch ein heilloses Durcheinander! Man fragt sich: Wer liebt hier eigentlich wen? Zwei Schwestern sind wild auf ein und denselben Mann, zwei Brüder vergucken sich in ein und dieselbe Frau. Aber wer von ihnen weiß eigentlich von den wahren Begehrlichkeiten der oder des anderen? Und: Was heißt hier schon Mann und Frau? In Georg Friedrich Händels Serse geht‘s in Sachen Beziehungen und Geschlechtern ziemlich que(e)rbeet. Drei Stunden Oper, in denen die Verhältnisse längst nicht klar sind und auch die Identitäten gern völlig offenbleiben. Männer stecken da in Frauenkleidung et vice versa. Von wegen binäre Geschlechterrollen! Das ist zwar fürs Musiktheater aus der Zeit des Barock (und auch später) alles andere als ungewöhnlich, dennoch kann das für Verwirrung sorgen. Und dann auch noch die Namen! Allein vier von sieben fangen mit A an: Arsamene, Amastre, Ariodate, Atalante – wer steigt da überhaupt noch durch?
Kay Link stellt sich diesem Chaos. Ohne es eindeutig aufzudröseln. Denn auf der Bühne des Landestheaters im ostwestfälischen Detmold, wo Links Händel-Interpretation im Februar ihre lautstark bejubelte Premiere feierte, bleibt die Gemengelage, wie sie ist: reichlich wuselig. Aber es sind prägnante Bilder, die er erfindet und dank derer die wechselnden Beziehungen erfahrbar werden. Und es sind – dies gleich vorweg – die ausnahmslos großartig agierenden Sängerdarsteller, auf die sich der Regisseur voll und ganz verlassen kann.
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