Olivier Py meint mit dem zerstörten Theater seiner Vêpres siciliennes an der Deutschen Oper Berlin die algerische Hauptstadt Algier, aber alle denken an Mariupol.
Von Andreas Berger
Palermo, Algier oder Odessa? Anmaßende Besatzer, unauslöschlicher Freiheitswille der Heimatbevölkerung, private Verstrickungen, Vergewaltigung, Verrat und Kollaboration: Was Eugène Scribe mit der Sizilianischen Vesper als Libretto für Giuseppe Verdis französische Oper 1855 aufbereitete, hat sich leider durch alle Jahrhunderte immer wieder in der Wirklichkeit wiederholt.
Der einstige Aufstand der Sizilianer zur Vesperzeit 1282 mag für Scribe Anlass gewesen sein, sich auf die Eroberung Algeriens durch die Franzosen ab 1830 zu beziehen. Der Franzose Olivier Py, der das Werk nun an der Deutschen Oper Berlin in kräftigen Bildern von Pierre-André Weitz inszeniert hat, wollte eigener Aussage nach die algerischen Unabhängigkeitsbestrebungen ab 1954 mit der marxistisch-nationalistischen FLN als Speerspitze thematisieren. Ein Ansatz, der für Frankreich, das den Algerienkrieg lange noch nicht aufgearbeitet hat, spannend ist, aber vielleicht nicht von Berlin aus geschehen müsste, wo der Konflikt kaum bekannt ist. Aufarbeitung müsste dann aber sowieso psychologisch tiefer leuchten als es Pys eher plakative Aufmachung leistet.
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