Im Interview spricht die norwegische Sopranistin Elisabeth Teige über die kommende Turandot-Produktion in Straßburg, wie es sich anfühlt, am gleichen Tag Wagner und Puccini zu singen, und was Norwegisch und Deutsch gemeinsam haben.
Interview: Franziska Stürz
Sie verkörpern als Norwegerin auf den internationalen Opernbühnen erfolgreich die Japanerin Cio-Cio San in Puccinis Madame Butterfly und nun auch die chinesische Prinzessin Turandot. Haben Sie sich mit asiatischer Kultur beschäftigt, um diese Frauen darstellen zu können?
Turandot spielt zwar im alten China, aber das Stück hat keinen klaren historischen Bezug in der Geschichte. Ich würde es als Puccinis Blick aufs alte China beschreiben, das zu seiner Zeit für die meisten Menschen von exotischen Geheimnissen umgeben war. Kurz gesagt ist es ein Märchen, und es in einen historischen Zusammenhang zu setzen, bekäme einen unangenehmen Geschmack von kultureller Aneignung. Tatsächlich hat Turandot so wenig mit historischer chinesischer Kultur zu tun, wie die Wikinger mit dem Ring des Nibelungen. Für mich ist Turandot ein faszinierendes Werk in sich, und im Vergleich zu Puccinis anderen Opern eine einzigartige Projektionsfläche für Neuinterpretationen von Sängern und Regisseuren. In Straßburg entwickle ich die Rolle zum ersten Mal ganz alleine, denn die Turandot, die ich in Berlin gesungen habe, war eine Wiederaufnahme. Zunächst einmal hat für mich die musikalische Vorbereitung gezählt, aber ich freue mich jetzt sehr auf die Produktion, weil hier alles neu für mich ist: die Stadt und das ganze Team.
Turandot wird die nach außen kalte, abweisende Prinzessin genannt, innerlich aber kocht sie. Angetrieben von Angst, Unsicherheit und Wut, verströmt sie eine enorme musikalische Energie. Woher nehmen Sie die Kraft dafür und was ist Ihre Energiequelle?
Ich habe definitiv nicht die eisige, kalte Stimmfarbe, die manche Sängerinnen für diese Rolle prädestiniert. Aber meine Stimme hat eine gewisse Größe, und obwohl ich persönlich nicht mit einem so stählernen Klang singen kann, versuche ich, mit meinen Mitteln dieser Rolle gerecht zu werden. Meine physische Energiequelle sitzt irgendwo zwischen Bauch und Brustkorb, und das Gute an dieser surrealen Rolle ist, dass man ziemlich verrückt agieren und alles geben kann, was in einem steckt. Bei meiner Stimme bin ich mir sicher, dass sie nie zu scharf oder zu eisig werden würde, also gebe ich mich vollkommen hinein in diese Rolle und in diese unglaubliche Musik. Aber das Schauspielerische ist mir auch sehr wichtig und leitet mich in die passenden Stimmungen. Auch diesbezüglich ist Turandot eine Herausforderung, weil sie häufig wie eine reglose Statue erscheint. Sie hat ja nicht wirklich viel zu spielen auf der Bühne. Der ganze Ausdruck steckt im Gesang und vielleicht noch in den Augen oder in der Mimik.
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