Im Interview spricht der Tenor Vittorio Grigolo über die Gemeinsamkeiten von Pop und Oper, die Herausforderungen von Offenbachs Hoffmann und seinen eigenen preisgekrönten Wein.
Interview: Uwe Friedrich
Zum Leben eines internationalen Sängers gehören Flug- und Bahnreisen. Sie haben auch schon in Flughäfen und Bahnhöfen gesungen. Wie kam es dazu?
Im Mailänder Flughafen trug ich eine Pilotenuniform und habe „Una furtiva lagrima“ aus Donizettis L’elisir d’amore gesungen. Bei anderer Gelegenheit haben wir Verdis La traviata im Zürcher Hauptbahnhof aufgeführt, daher hatte ich schon Erfahrung mit Projekten wie diesen. Man singt ohne direkten Kontakt zum Dirigenten und zum Orchester, das ist zunächst etwas irritierend. Andererseits bietet die Situation auch eine große Freiheit. Dirigenten möchten alles unter Kontrolle haben, aber in dieser Anordnung geht das natürlich nicht. Im Flughafen hat das Publikum direkt auf die Musik reagiert, mit der es überraschend konfrontiert wurde. Wir waren alle in unserer Rolle drin, die Fluggäste wurden zum Teil der Szene. Das ist etwas ganz anderes als eine Aufführung im Opernhaus, ein Versuch, in direkten Austausch mit dem Publikum zu kommen. Die Opernwelt verändert sich, und wir müssen neue Wege zu den Menschen finden, die nicht von selbst in eine Aufführung gehen würden. Gerade heute ist direkte Kommunikation zwischen den Menschen ungeheuer wichtig.
Ihr Publikum bestand an beiden Orten aus Menschen, die offensichtlich noch nie einen Opernsänger aus der Nähe gehört hatten. Wie haben Sie die Reaktionen erlebt?
Für einige war es wie eine neue Liebe. Man hat sich nie zuvor gesehen, ist aber auf der Stelle total begeistert. Ohne irgendwelche Fragen zu stellen, findet man hier vielleicht etwas, was für den Rest des Lebens sehr wichtig werden kann. Der eine hat vielleicht gerade einen Cappuccino an der Bar geholt und hört jetzt völlig unvorbereitet „Quanto è bella, quanto è cara“ und fragt sich, was das für merkwürdige Musik ist. Und dann merkt er, dass Oper auch ihm etwas zu sagen hat. Ich finde so ein Erweckungserlebnis sehr spannend.
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