Carol Vaness stammt aus einer Goldenen Ära des Gesangs und war als Dauergast auf den Bühnen der Welt zu Hause. Doch noch heute verbinden die meisten die Gesangspartnerin von Luciano Pavarotti mit der New Yorker Met, einem Ort, an dem sie einen ganz besonderen Rekord aufgestellt hat.
Von Stephan Schwarz-Peters
Kennt man Carol Vaness nur von der Bühne oder von Fotos, möchte man ihr gleich etwas Glamouröses, Divenhaftes andichten: das Opernklischee von der unnahbaren Göttin. Umso mehr verblüfft im persönlichen Gespräch ihre Lockerheit, ihr Witz und ihre ungezügelte Lust an der Parodie. Mag es in den Fluren und Unterrichtsräumen der Indiana University in Bloomington, wo sie seit 15 Jahren als Professorin für Gesang lehrt, auch noch so distinguiert zugehen, das südkalifornische Temperament hat sie nie verlassen. Wer sie als Elettra aus Mozarts Idomeneo kennt, wer ihre Interpretation von „D’Oreste d’Ajace“ gehört und gesehen hat, weiß, dass diese Frau eher Chili als haushaltsüblichen Pfeffer in den Adern hat.
Kaum eine hat Mozarts Frauenfiguren je mit einer solchen Energie aufgeladen wie Carol Vaness, die die Vitellia aus La clemenza die Tito noch heute als eine Art Schicksalsrolle betrachtet: 1979 eröffnete ihr diese Partie den Weg nach New York, wo sie zunächst an der City Oper auf sich aufmerksam machte; auch beim europäischen Publikum führte sie sich als altrömische Mordanstifterin auf der Bühne ein, bei ihrem Debüt in Bordeaux 1980. Danach öffneten sich von Salzburg bis London, von Mailand bis Berlin, die Karrieretüren von ganz allein. „Und dabei habe ich Vitellia nie besonders gern gesungen“, bekennt Vaness, die in der ihr eigenen Lakonie gleich noch ein paar weitere Mozart-Partien, für die sie sehr bewundert wurde, aus der Kür- in die Pflichtecke sortiert; auch die Figaro-Gräfin, die ihr eigentlich immer viel zu tief lag. „Die Musik mochte ich dennoch sehr. Und wo wir gerade bei Mozart sind: Fiordiligi gehört noch immer zu meinen absoluten Favoriten.“ In der ganzen langen Geschichte des Hauses hat niemand die wankelmütige Figur aus Così fan tutte häufiger an der Met verkörpert als sie. „Ein komischer Rekord, ich weiß. Aber als Geschichte ideal für einen Gesprächseinstieg.“
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: