Mit Verdis Falstaff und Martinůs Griechischer Passion schicken die Salzburger Festspiele zwei höchst unterschiedliche Werke als letzte szenische Opernpremieren ins diesjährige Festspielrennen. Während die eine auf ganzer Linie enttäuscht, wird die andere zum Triumph.
Von Franziska Stürz
Falstaff
Mit den letzten beiden Opernpremieren der diesjährigen Festspielsaison versprach die Festspielleitung einerseits Verdi-Sinnesfreuden (durch einen neuen Falstaff mit Gerald Finley in der Titelpartie) und andererseits die Entdeckung eines verkannten Meisterwerks von frappierender Aktualität: Bohuslav Martinůs The Greek Passion. Nach der vor zehn Jahren von Damiano Michieletto genial in das Mailänder Künstler-Altersheim Casa Verdi verlegten Erfolgsproduktion, hatte Christoph Marthaler bereits angekündigt, seiner Falstaff-Inszenierung ebenfalls eine zweite Erzählebene hinzuzufügen: ein Filmstudio, in dem aus der Sicht des Regisseurs Orson Welles die Entstehung seiner Falstaff-Verfilmung zitiert wird. Das klang zunächst einmal interessant, und damit, dass Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock die große Cinemascope-Bühne des Festspielhauses in passende Schauplätze voller gut zu bespielender Details verwandeln würde, konnte man ebenfalls rechnen.
Mit Ingo Metzmacher am Pult der Wiener Philharmoniker war zudem ein nicht handelsüblicher Verdi-Klang zu erwarten. Doch die Premiere stand dann unter keinem guten Stern. Denn wenn sich der Sänger der Titelpartie als erkrankt, aber dennoch auftrittsbereit ankündigen lässt, ist schon die erste Vorfreude getrübt. Gleich zu Beginn erklingt das Ende vom Band: Der Regisseur Orson W. hört sich die Falstaff-Schlussfuge im Vorführraum am rechten Bühnenrand an. Dass sich dann allerdings mit Einsetzen der Musik zunehmend eine bleierne Lähmung breitmacht, liegt sowohl an der nicht vorhandenen Personenführung als auch an der Dopplung der Titelfigur – hier eben Orson W. durch den Schauspieler Marc Bodnar und den singenden Gerald Finley im beigefarbenen Anzug.
Wer Informationen zu dem sich durch die Szene nicht erschließenden Bühnengeschehen sucht, könnte im Programmheft den erst kürzlich neu entdeckten Text zum Thema Identitätsüberlagerung von Orson Welles lesen. Aber Inszenierungen, die sich nur nach vorangehender Dramaturgen-Lektüre verstehen lassen, sind ohnehin zum Scheitern verurteilt. Komplett ins Leere laufen auch die slapstickartigen Pantomimenummern, die sich am linken Bühnenportal abspielen, wo ein Darsteller das Verschwinden im Wäschekorb und den Sturz in den Swimmingpool übt. In den muss dann auch eine weibliche Statistin mehrmals hineinfallen – und natürlich auch der Titelheld. Wer hier nicht lacht, hat seine einzige Chance dazu an dem Abend vertan.
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