Beim Lehár Festival Bad Ischl kommt Leo Falls Madame Pompadour auf dem schmalen Operettengrat ins Straucheln, während der Aufstieg zu Lehárs alpiner Liebeserklärung Schön ist die Welt locker gelingt.
Von Franziska Stürz
Als mittlerweile größtes Operettenfestival Österreichs hat sich das Lehár Festival Bad Ischl unter dem geschäftsführenden Intendanten Thomas Enzinger vorgenommen, die große Bandbreite und Vielfalt des Genres Operette in drei Produktionen unterschiedlicher Art abzubilden und zu feiern: die Klassische in neuem Gewand (in diesem Jahr Carl Zellers Vogelhändler), die Unbekannte auf halbszenische Ischler Art (Franz Lehárs Spätwerk Schön ist die Welt) und die Revueoperette als opulenter Sinnesrausch (Leo Falls Madame Pompadour in jazziger Neubearbeitung).
Madame Pompadour
Vor der besuchten Vorstellung der Madame Pompadour begrüßt Intendant Thomas Enzinger sein Publikum, um eine Mitteilung zu machen, für die er die etwas zerzauste Rokokoperücke des von ihm selbst gespielten Haushofmeisters kurzerhand abnimmt und launig aus dem Festivalintendanten-Nähkästchen plaudert, bis er die ziemlich gravierende Neubesetzung für den Abend bekanntgibt: Die erkrankte Julia Koci mimt und tanzt zwar die Marquise de Pompadour, gesungen und gesprochen wird sie jedoch von Ursula Pfitzner, die sich seitlich am Bühnenportal hinter dem Notenpult bereitmacht für einen wilden Ritt durch ein großes, forderndes Stück, das komplett auf die Darstellerin der Titelfigur zugeschnitten ist. Schließlich war keine geringere als Fritzi Massary die erste Pompadour.
Man hat drei Stunden Zeit, sich an diese gewagte Konstellation zu gewöhnen, und beide Sängerinnen machen ihre Sache wirklich gut, aber die Figur der Pompadour bleibt ein Zerrbild an diesem Abend. Auch in der Szene wird das große Versprechen des rauschenden Operettenerlebnisses leider nicht eingelöst. Hier hat sich Thomas Enzinger mit seinem Kostümbildner Sven Bindseil und Bühnenbildnerin Sabine Lindner irgendwie auf dem schroffen Grat des Operettengipfels verstiegen, findet nicht den Weg, der die verstaubt wirkende Rokokoklamotte mit kleinen Ausstattungsmacken und Lust an Blödeleien mit der flippigen neuen Ischler Jazzfassung dieses Stückes verbindet.
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