François Girard inszeniert Wagner an der Metropolitan Opera New York. Lohengrin wird dabei, auf Biegen und Brechen, zur Parsifal-Fortsetzung. Erzählerisch geht das kaum auf, steht aber wenigstens der Musik und dem Gesang nicht im Wege.
Von George Loomis
Auf dem Höhepunkt des Lohengrin-Vorspiels, das nach Wagners eigener Aussage als „wunderwirkende Darniederkunft des Grales im Geleite der Engelsschar“ zu verstehen ist, ertönt der Schlag eines Beckens. Die Metropolitan Opera visualisiert diesen ebenso eindrücklichen wie heiter-gelassenen Moment durch eine Art Supernova, die den Himmel rot färbt. Es ist die erste, jedoch keineswegs letzte Verdrehung dessen, was Wagner im Sinne hatte, in dieser Neuproduktion von François Girard, die am 26. Februar Premiere feierte. Sein Ausgangspunkt ist dabei noch plausibel genug: des Schwanenritters Antwort nämlich auf Elsas verbotene Frage nach seinem Namen und seiner Herkunft, dass Parsifal sein Vater sei. Wagner-Kenner wissen, dass Lohengrin so eine Verbindung zum Titelhelden seiner letzten Oper anbietet, auch wenn Wagner selbst diesen zum Zeitpunkt der Uraufführung von Lohengrin, 1850, noch nicht als Sujet für ein zukünftiges Werk im Sinn hatte.
Girard ist auch beileibe nicht der Erste, der sich Gedanken darüber gemacht hat, wie die beiden Opern miteinander in Beziehung stehen könnten. Mit seiner eigenen Parsifal-Inszenierung im Hinterkopf, an diesem Haus erstmals im Jahr 2013 zu sehen, entscheidet er sich dafür, Lohengrin als Fortsetzungsstory zu behandeln. Das Problem ist freilich, dass zwischen den beiden Opern und ihren Handlungen kaum Gemeinsamkeiten bestehen. Zwar wird implizit klar, dass das Unglück der Gralsgemeinschaft von Montsalvat dank Parsifals Führung abgewendet wurde und dass die Ritter wohlauf und bei Kräften sind. Aber Lohengrin dreht sich nun einmal nur um einen einzigen Helden und seine Mission, einer Maid in Bedrängnis beizustehen. Eine wirklich tragfähige Verbindung existiert nicht. Das Schwanenmotiv in Parsifal – der Umstand, dass er als Knabe einen eben solchen Vogel getötet hat – mag da vielleicht noch für Wagner-Forscher interessant sein, für eine Inszenierung gibt es allerdings nicht viel her. Was Girard allerdings nicht davon abhält, es zu versuchen.
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