Salzburg im Glück: Im Großen Festspielhaus überwältigt eine konzertante Lucia di Lammermoor unter Daniele Rustioni in Luxus-Besetzung mit Lisette Oropesa und Benjamin Bernheim.
Von Klaus Kalchschmid
Oper konzertant, das ist gegen Ende der Salzburger Festspiele alljährlich ein fixer Programmpunkt – und dann darf es auch kulinarisch werden. In diesem Jahr gab es mit Lucia di Lammermoor eine der berühmtesten und beliebtesten Belcanto-Opern, vielleicht die am meisten geschätzte von Gaetano Donizettis „ernsten“ Opern. Lisette Oropesa, an der Bayerischen Staatsoper gerade sehr erfolgreich als Violetta und dort im Januar in Verdis I masnadieri zu erleben, zählt sicher zu den derzeit besten Interpretinnen der Lucia, mit der sie auch vor Kurzem erst an der Wiener Staatsoper zu sehen war. Doch bei aller staunenswerten Perfektion, schon bei der mit jeder Menge zusätzlicher Verzierungen versehenen Auftrittsarie fehlte etwas: dass da ein Mensch „geworfen“ ist vom Schicksal, wie es die Existenzialisten ausdrücken würden.
Erst mit dem Auftritt von Benjamin Bernheim stellt sich innerhalb weniger Momente so etwas wie ein Musikdrama ein. Und so wendet sich das Blatt bereits bei den ersten elektrisierenden Silben des Rezitativs zu Beginn des Duetts mit Lucia und endgültig dann, wenn Edgardo vom Schwur am Grab seines Vaters singt: „Sulla tomba …io giurai nel mio furore“. Auch wenn Bernheims kostbarer Tenor zunächst alles andere als perfekt, sondern leicht angeraut und etwas kehlig im Hintergrund eines Forte-Tons klingt, ist man gebannt und hört die Stimme eines Mannes, der zutiefst in seiner Ehre gekränkt ist, aber in wenigen Takten all diese Befindlichkeit über Bord wirft und gesteht: „Son tuo sposo – ich bin dein Gatte.“ Wann immer die beiden im Duett singen, lässt sich Oropesa anstecken, verschmelzen die beiden Stimmen zu einer Einheit und Gleichgestimmtheit, die ihnen die Handlung der Oper verwehrt.
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