In der Oper Graz erfindet Regisseur Lorenzo Fioroni eine Rahmenhandlung, um Benjamin Brittens War Requiem szenisch auf die Bühne zu bringen. Heraus kommt ein zäher Abend, an dem die Musik beinahe völlig untergeht.
Von Isabella Steppan
Auf dem Papier liest sich die Idee, ein Werk zu inszenieren, das vom Komponisten nicht für eine szenische Aufführung intendiert wurde, zweifellos spannend – neue Perspektiven oder Interpretationsansätze könnte ein solches Experiment hervorbringen. Und insbesondere angesichts der weltpolitischen Lage ist Brittens 1962 uraufgeführtes War Requiem dieser Tage eigentlich ein höchst aktueller Stoff. Allerdings wird bei dieser Saisoneröffnungspremiere die Intention des Komponisten durch die Regie ad absurdum geführt: Statt stillem Gedenken an Kriegsopfer gibt es knapp zwei Stunden lang schrilles Treiben, das weder berührt noch nachdenklich stimmt.
Geboten wird ab Betreten des Opernhauses eine immersive experience, als Zuschauer ist man mittendrin statt nur dabei in der von Lorenzo Fioroni erdachten Handlung des Abends. Im Foyer des Opernhauses steht ein über und über mit Blumen geschmückter Sarg, und im Zuschauerraum gibt es keine strikte Trennung zwischen Publikum – das auch auf Tribünen in der Szenerie Platz findet – und Bühne, die bis in die sechste Reihe des Parketts verlängert wurde. Pünktlich zu Vorstellungsbeginn passiert dann aber erst einmal gar nichts, abgesehen davon, dass über einen Zeitraum von geschlagenen 20 Minuten in kleinen Grüppchen Mitglieder des Chors und der Statisterie den Mittelgang entlangschreiten, die Bühne betreten und dabei von Fotografen abgelichtet werden.
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