Die Arena di Verona bietet bei ihrer 100. Ausgabe mehr Stars denn je – nicht nur in Aida. Zeit für einen Rückblick auf 100 Jahre Opernspektakel im römischen Amphitheater.
Von Kai Luehrs-Kaiser
Keine Flip-Flops. Keine kurzen Hosen. Keine T-Shirts mit kurzem Arm. Die Arena di Verona, im Jahr ihrer 100. Spielzeit, scheint ein Hort guten Benehmens und gepflegter Abendgarderobe zu sein. „Aber nur auf den teuren Plätzen“, relativiert Cecilia Gasdia, die bis 2028 verlängerte Chefin. Das römische Amphitheater war immer schon der Ausnahmeort schlechthin in der Welt der Oper. Maria Callas mag unter freiem Himmel auch anderswo, etwa im Odeon des Herodes Atticus unterhalb der Akropolis oder in Epidauros aufgetreten sein. In der Arena di Verona aber debütierte sie schon 1947 – im zarten Alter von 23 Jahren. Einen derart großangelegten Sommerbetrieb, alljährlich, gibt es überhaupt nur hier. Andere Römersteinbruch- oder Antiken-Festivals kommen gegen diese große alte Dame der Opern-Großveranstaltung kaum an. Das ca. 30 v. Chr. errichtete Gebäude ist das bis heute drittgrößte aller erhaltenen Amphitheater der Welt (nach dem Kolosseum und der Arena di Capua). Dass die Akustik überhaupt für eine Musikgattung des 19. Jahrhunderts taugt, aus deren Repertoire die Werke genommen werden, ist ein Wunder.
Wer die recht steilen Steinstufen zu einem der 12.000 Plätze dieses Ovals hinaufgestiegen ist – in Sandalen womöglich und in leichter sommerlicher Bekleidung –, hat etwas geleistet. Er wird von den architektonischen Ausmaßen des Komplexes aber keineswegs erschlagen. Die Arena, in einer der wie gewöhnlich heißen Sommernächte, atmet immer noch eine erstaunlich lauschige, anheimelnde Atmosphäre. Auch laut wird es in dieser grandiosen Spielstätte eigentlich nie – obwohl die Stufen den Klang gut reflektieren. Diese Leisheit verbindet die Arena, nebenbei gesagt, mit dem wichtigsten Festspielhaus in Deutschland, dem von Bayreuth. Hier wie dort erscheint die Oper als subtile, und keineswegs brachiale Form, als die sie grundsätzlich wohl angesehen werden sollte.
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