2023 soll der Parsifal in Bayreuth teilweise virtuell inszeniert werden – einem Videospiel nicht unähnlich. Das mag befremdlich wirken, doch sind sich Oper und Games gar nicht so fremd.
Von Matthias Kreienbrink
Das Licht im Bayreuther Festspielhaus erlischt. Auch das Gemurmel wird langsam leiser. Bevor die ersten Klänge des Parsifal-Vorspiels erklingen, herrscht nahezu sakrale Stille. In sinnlicher Vorbereitung auf die kommenden Stunden voller Melancholie, Schmerz und Verlangen gehen die Zuschauer nochmal in sich – und setzen sich dann ihre Augmented-Reality-Brillen auf. Das Computerprogramm startet und die Musik beginnt.
Was wie ein fast schon frivoles Zukunftsszenario klingen mag, soll 2023 auf dem Grünen Hügel tatsächlich stattfinden. Jay Scheib ist nicht nur Regisseur, sondern auch Leiter des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA). In seinem Parsifal sollen die Zuschauer Dinge auf der Bühne sehen, die eigentlich gar nicht da sind. Damit verbindet er Technologien und Mechanismen aus der Videospiel-Industrie. Auch das mag neu klingen. Doch Games und Oper haben mehr gemein, als ein erster Blick offenbaren mag.
„Die Gral-Mythologie, die epische Geschichte über den Gral und seine Kräfte, passt total gut in eine virtuelle Welt“, sagt Scheib im Gespräch. Auf einer Metaebene sei selbst die Suche nach der perfekten Opernerfahrung wie eine Suche nach dem Gral. Er ist begeistert von den großen Fortschritten, die die Technologie inzwischen jeden Monat macht. Computergrafik, die Bewegungen immer realistischer abbilden kann, immer schnellere Verarbeitungsgeschwindigkeit von Prozessoren, die tausende Vorgänge gleichzeitig bearbeiten können. „Es ist möglich, virtuelle Umgebung in Echtzeit zu rendern – ich finde das super spannend“, sagt der 51-Jährige. Es hat keine sehr lange Tradition, dass die Institution Oper das Virtuelle und damit auch das Videospiel als veritables Medium für sich nutzt. Oper in Computergrafik gibt es derweil schon seit vielen Jahren.
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