Am Grand Théâtre de Génève inszeniert Tatjana Gürbaca Leoš Janáčeks Opernwelthit Jenůfa als mährische Dorfgeschichte, die sich ausweitet zur Parabel von globaler Geltung.
Von Manuel Brug
Ein starkes Bild. Eine Hütte, Urtyp menschlicher Behausung. Ganz dunkles, glattes, warmes Holz. Ein Zimmer nur, zwei Abgangsöffnungen, ein Lichtschacht in der hohen Dachschräge, der keinen Himmel zeigt. Und eine große Treppe, die hinten in ein vages Ungefähr nach oben führt. Aufstieg in den Himmel oder die Hölle, Abstellort sprechender Requisiten, Sitz für ein imaginäres Publikum, Standort des kommentierenden Chors; fast wie im antiken Theater. Ganz einfach, sehr dominierend, packend, nicht zu trennen von der Handlung, die sich darin über die nächsten zweieinhalb Stunden gnadenlos und folgerichtig abspielen wird. Denn nicht nur in mährischen Dörfern, auch in unserer Nähe werden nach wie vor tote Kinder im Fluss oder eben im Müllcontainer entsorgt. Insofern hat sich in den 118 Jahren seit der Brünner Uraufführung von Leoš Janáčeks bis heute auch musikalisch bestürzend eindringlicher Oper Jenůfa gesellschaftlich wie sozial kaum etwas geändert.
Jenůfa ist überfordert. Steva, der Mann, den sie liebt und der ihr den Sohn gemacht hat, will sie nicht. Sie hat kein Geld und eine riesige Narbe über das Gesicht laufen, dort, wo sie Laca mit dem Messer verletzt hat – der Mann, der sie liebt, von dem aber sie (noch) nichts wissen will. Am Ende, als der Kindsmord entdeckt ist, den gar nicht sie, sondern ihre Ziehmutter, die strenge Küsterin begangen hat, um ihrem Mündel die Schande zu ersparen, fügt sich Jenůfa in die Ehe mit Laca. Ob sie so noch eine zweite Chance auf Lebensglück hat?
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: