Das Staatstheater Braunschweig zeigt Wagners Rheingold als Teil eines besonderen Ring-Projekts. Die volle Wagner-Dröhnung bleibt dabei aus.
Von Roland H. Dippel
Gesprochene Texte gab es für Wagner schon in Benedikt von Peters Parsifal-Inszenierung am Theater Basel 2011. Da machte der alte Titurel in der ersten Grals-Zeremonie neben Druck auch etwas Mystik. Im neuen Braunschweiger Rheingold kommt die Musik während des Disputs über Wotans strategisches Vertragsnetz sogar minutenlang zum Stillstand, weil die erst in den späteren Ring-Stücken auftretenden Figuren Brünnhilde (blonder Pferdeschwanz und pseudo-kindlich: Nina Wolf), Hagen (mit jugendlicher „Was kostet die Welt“-Attitüde: Luca Füchtenkordt) und Hunding (schwer identifizierbar: Heiner Take) Vernunft und emotionale Mäßigung predigen. Diese Zutaten von 15 Minuten kommen aus Thomas Köcks Bühnentext wagner – der ring des nibelungen (a piece like fresh chopped eschenwood) von 2021 und fassen zusammen, was bereits Wagner selbst im theoretischen Überbau zu seiner im Umfeld der Revolution von 1848 entstandenen Dichtung kritisierte: die skrupellosen Machenschaften des Gottes Wotan, in dessen Rolle Aris Argiris fast auf Augenhöhe mit dem Tycoon in Valentin Schwarz‘ Bayreuther Netflix-Ring aufschließt. Die Braunschweiger Rheingold-Familie zeigt nur auf gerahmten Fotos an der Wand Einigkeit. Stephan von Wedels Bühne für Nibelheim bewegt sich sehr ansehnlich im gehobenen Kare-Preissegment. Julia Burkhardts Gegenwartskostüme geben ebenso viele Deutungsmöglichkeiten wie die Inszenierung Isabel Ostermanns.
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