Der Regisseur Calixto Bieito dreht Prokofjews Psychodrama Der feurige Engel auf volle Stärke mit einem eindrucksvollen Cast angeführt von Ausřinė Stundytė und musikalisch hervorragend geleitet von Gustavo Gimeno. Die beste Produktion dieser Spielzeit am Teatro Real.
Von Pablo L. Rodríguez
Während der Schlusstakte dieser Produktion des Feurigen Engels geht das Fahrrad der Protagonistin, Renata, spontan in Flammen auf, begleitet vom letzten, dissonanten Glimmen ihres Leitmotivs. Die Bande von Fanatikern und Besessenen, die versucht haben, sie zu zerstören, zieht sich zurück. Die Klangsturzfluten des Orchesters stocken, verharren in einem unvollständigen Des-Dur-Akkord, während der Vorhang fällt – ein überraschendes, unbequemes Schlussmoment. Durch einen technischen Defekt in der Vorstellung am 28. März blieb das Fahrrad zwar kalt, doch egal – die Bedrohung war auch so für jeden spürbar.
Die spanische Premiere von Prokofjews fluchbeladener Oper wurde zum überwältigenden Erlebnis am Teatro Real in Madrid – ein Abend, der mit stehenden Ovationen endete und mit der ukrainischen Nationalhymne begonnen hatte, als Statement gegen Wladimir Putins blutige Invasion. Der Komponist, der selbst aus der Ostukraine stammte, dem Donezk-Gebiet, das gerade von russischen Truppen verwüstet wird, schuf das Werk ab 1919, nachdem er den gleichnamigen Roman des russischen Symbolisten Waleri Brjussow gelesen hatte: ein Labyrinth der Leidenschaft um den Landsknecht Ruprecht und Renata, eine junge Frau, der ein feuriger Engel erschienen ist, überschattet von Magie und religiösem Fanatismus im Deutschland der Reformationszeit. Zwischen 1923 und 1930 fertigte Prokofjew unterschiedliche Fassungen der Oper an, jede mit einem stärkeren Fokus auf die beiden Hauptprotagonisten, doch instrumentierte er 1927 allein die zweite Fassung, aus deren musikalischen Material er später auch seine 3. Sinfonie entwickelte.
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