Das Ende aller Erzählungen: Marco Štorman inszeniert, Cornelius Meister dirigiert Richard Wagners Götterdämmerung an der Staatsoper Stuttgart, und am Ende wird vielleicht doch noch alles gut.
Von Susanne Benda
Der Held ist tot. Siegfried, der die Welt retten sollte, geht an ihrer Schlechtigkeit zugrunde, und aus dem Orchestergraben ertönt dazu eine der überwältigendsten Musiken der Operngeschichte. Das ist auch beim Ring-Finale an der Staatsoper Stuttgart der Fall. Die Bühne indes verweigert sich. Erst sieht man Siegfried, der sich Hagens Speer selbst wieder aus dem Leib gezogen hat, zwischen einigen seiner Mannen auf den Stufen des ehemaligen Walkürenfelsens sitzen: ein gefrorenes Bild. Dann verhüllt ein schwarzer Vorhang die Szene, und als er sich wieder hebt, ist der Held verschwunden.
Recht so, denn ein Held ist dieser Siegfried ohnehin nicht gewesen. Eher ein Kindskopf, ein ADHS-Zappelphilipp, dem in dieser Götterdämmerung rein gar nichts dämmert. Daniel Kirch mag seiner Rolle sängerisch die dramatische Dimension (und manchmal auch die präzise Intonation) schuldig bleiben, aber er spielt glänzend, ist körperlich sehr agil, zieht Grimassen, hüpft verspielt mal hierhin, mal dorthin; selbst als am Ende die Intrige enthüllt wird, mag er das kaum glauben. Bei dem Regisseur Marco Štorman, der als Letzter von sechs Regisseuren (die drei Akte der Walküre übernahmen drei unterschiedliche Regieteams) jetzt den Ende 2021 begonnenen neuen Stuttgarter Ring des Nibelungen vollendete, mündet die Zersplitterung der Geschichte in eine konsequente Verweigerung aller erzählerischen Linearität. Und zuletzt sogar in die brandaktuelle Frage, welchen Wahrheiten heute überhaupt (noch) zu trauen ist.
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