Regisseur Laurent Pelly zeigt sein Händchen für Rossini in dieser Neuproduktion von Il turco in Italia am Teatro Real Madrid. Als Mitglied eines großartigen Ensembles springt in der Premiere die exzellente spanische Sopranistin Sara Blanch für Lisette Oropesa ein.
Von Pablo L. Rodríguez
Für Gioachino Rossini war Il turco in Italia seinerzeit ein enttäuschender Fehlschlag. Der Scala-Uraufführung im August 1814 folgten gerade einmal elf weitere Vorstellungen. Warum? Weil das Stück nicht zu den Moralvorstellungen der Zeit passte. Das Mailänder Publikum konnte sich nicht mit einer kapriziösen, sprunghaften Protagonistin – Fiorilla – anfreunden, die es, als italienische Frau, mit einem Ehemann, einem Liebhaber und obendrein auch noch einem türkischen Fürsten aufnimmt. Rossini überarbeitete das Werk für eine Wiederaufnahme 1815 in Rom, komponierte einige neue Nummern und eine neue Cavatina für eine weniger nachtragende Fiorilla, doch geriet die Oper nach kaum 20 Jahren in Vergessenheit. Erst mit der sogenannten Rossini-Renaissance in den 1950er-Jahren tauchte sie wieder auf, allerdings in einer stark gestrichenen Fassung, mit einer unvergesslichen Maria Callas als Star-Attraktion. Seit 1988 erlaubt die kritische Edition von Margaret Bent sehr viel akkuratere Entscheidungen für Regie und Dirigat. Wie sich auch in dieser neuen Koproduktion von Teatro Real, Opéra de Lyon und dem New National Theatre Tokio zeigt. Gespielt wird die Mailänder Fassung mit zwei interessanten römischen Zugaben, gestrichen wurde dafür die nicht von Rossini stammende Sorbet-Aria Albazars.
Die junge spanische Sopranistin Sara Blanch wurde zur unerwarteten Gewinnerin des Premierenabends, als Einspringerin für die erkrankte Lisette Oropesa (die allerdings schon bei der zweiten Vorstellung am 4. Juni wieder auf der Bühne stand). Mit Grazie sang sie ihre Cavatina „Non si dà follia maggiore“, meisterhaft fing sie die rebellische und launenhafte Fiorilla ebenso ein wie die reuige – ihre exquisite Schlussarie „Squallida veste, e bruna“ geriet zum virtuosen Höhepunkt des Abends.
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