Silvia Costa illustriert Monteverdis Orfeo an der Staatsoper Hannover mit deprimierenden Friedhofsbildern.
Von Andreas Berger
Zugegeben, Monteverdis früher Orfeo ist natürlich eher ein Weltabschiedswerk als ein Muntermacher für freudigen Lebensgenuss. Andererseits startet die Oper mit einer der festlich-fröhlichsten Fanfaren ihrer beginnenden Geschichte, der geradezu demonstrative Einstand in das zu erwartende Lebensglück eines frisch vermählten Paares. Der Frühling bricht aus. In fast unerträglicher Harmonie beteuern sich Orfeo und Euridice ihre gegenseitige Liebe. Freunde beschwören ihr Glück. Und dann erst kommt die Nachricht von Euridices tödlichem Unfall, einst Schlangenbiss, bei Cocteau später zeitgerecht ein Verkehrstod: Eine jener unvorhersehbaren Katastrophen, die aus dem himmlischen Jauchzen in Todesbetrübtheit fallen lassen – aktuell wie eh und je.
An der Staatsoper Hannover verweigert Silvia Costa, langjährige Mitarbeiterin von Romeo Castellucci, in ihrer rituellen Bühneninstallation diese Fallhöhe. Sie verweigert auch die psychologisierende Trauerarbeit, die mit Orfeos Gang in die Unterwelt beginnt. Es handelt sich dabei um nichts anderes als um den Abstieg ins Reich der Erinnerung; die Illusion, die Geliebte so wiederzubeleben; das unabdingbare Scheitern, das entweder zur Verkapselung des einstigen Glücksgefühls und neuer Weltzugewandtheit führt oder das, wie im Fall dieser Oper, völlige Lebensunfähigkeit und Entrücktheit in als himmlisch verbrämte Gefilde, vielleicht auch Verrücktheit oder Tod bedeutet.
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