Jay Scheib lässt in seiner AR-Inszenierung des Parsifal in Bayreuth mancherlei Symbole durch den virtuellen Raum fliegen. Der Abgrund tut sich erst im dritten Akt auf.
Von Andreas Berger
Game Start: Aus den Tiefen des Bayreuther Abgrunds dringt die vertraute Musik von Weltschmerz und Tagesanbruch, im Zuschauerraum fliegen derweil die Sterne, als sei ein neuer Kosmos im Entstehen. Zumindest wenn man eine der 330 AR-Brillen trägt, die für die Neuinszenierung des Parsifal von Jay Scheib zur Verfügung stehen. Sie bieten den Blick auf die Bühne, aber, sobald man den Kopf zuseiten, nach oben oder unten wendet, auch eine Erweiterung des Bühnenbilds. Sei’s dass sich die Zweige der Weltesche, die Scheib aus Wagners anderem Welterklärungsmythos zitiert, nun um einen herum fortsetzen, sei’s dass Klingsors Blumenranken oder Bunkerwände sich um einen schließen.
Das macht durchaus Effekt, ist möglicherweise anziehend für Computerspielfreaks und immer noch eindrucksvoll für die damit weniger vertrauten Kulturbürger. Es ist aber oft auch nur eine Fortsetzung dessen, was das Setting ohnehin verlangt und noch nicht unbedingt eine inhaltliche, gar vertiefende Erweiterung des Geschehens. Schon gar nicht bei den allerlei Flugobjekten, die man via Brille im Raum schweben sieht. Da segeln glühende Kristalle, Äxte, Schlangen, Totenköpfe, Schmetterlinge, blutende Arme und pumpende Herzen auf einen zu, sobald von Lust, Tod, Schmerz oder Sühne die Rede ist. Und wenn Parsifal den Schwan schießt, fliegt ein solcher auch übers Publikum. Vielleicht braucht es technisch noch etwas Zeit, bis aus solchen Flugobjekten ganze Visionen werden.
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