Mit einem klugen und mutigen Spielplan lockt das Theater Regensburg sein Publikum. Im Interview sprechen Intendant Sebastian Ritschel und Chefdramaturg Ronny Scholz über ihren nächsten Coup: Lorin Maazels Oper 1984.
Interview: Franziska Stürz
Herr Ritschel, in Ihrer Spielplangestaltung am Theater Regensburg fällt auf, dass relativ viele Werke nicht der gängigen Publikumserwartung entsprechen. Haben Sie ein Sendungsbewusstsein dafür, das Publikum dazu zu bringen, sich mit unbekannteren und auch sperrigen Werken wie 1984 von Lorin Maazel auseinanderzusetzen?
Sebastian Ritschel: Ich finde es ganz wichtig, das Repertoire zu öffnen und im Bereich Musiktheater mehr als nur die 15 bekannten Repertoire-Stücke ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Es gibt so viele wunderbare Werke, die den Weg noch nicht auf die Bühnen der reichen deutschen Theaterlandschaft gefunden haben, weil es manchmal an Mut fehlt. Und tatsächlich muss man überzeugt sein, von dem, was man tut. Wir haben uns für diese erste Saison unter dem Motto „Wahrheiten“ einen breit gefächerten Spielplan ausgedacht und spannen den Bogen von einem Klassiker wie Macbeth über die großartige Oper Der Prozess von Gottfried von Einem bis hin zu 1984. Alle Stücke sind vom Thema her bekannt, glaube ich, aber eben nicht die Bearbeitungen der Stoffe.
Gespielt wird eine Neueinrichtung der Orchesterfassung von Norbert Biermann. Die Originalversion wäre nicht möglich gewesen, oder?
SR: Nein, manche Werke sind schlichtweg zu groß für den Orchestergraben eines Stadttheaters. Die Partitur ist riesig, und eigentlich müssten München oder Berlin da ran. Da braucht man dann natürlich finanzielle Ressourcen, um jemanden zu beauftragen, ein Arrangement oder eine Verknappung des Orchesterapparats vorzunehmen, was sehr oft gescheut wird. Wir haben so bereits den Prozess in Regensburg als Koproduktion mit Radebeul spielbar gemacht. Jetzt gibt es für Gottfried von Einems Stück auch eine Kammerversion, eine reduzierte Orchesterfassung und das große Originalwerk; so ähnlich haben wir es mit 1984 gemacht.
Das Notenmaterial von 1984 war vor Ihrem Einsatz noch nicht einmal über einen Verlag zu erhalten?
Ronny Scholz: So ist es, und es ist eben auch eine unserer Aufgaben, editorisch tätig zu sein. Wir haben für dieses Projekt mit Frau Maazel und dem Verlag Boosey & Hawkes wunderbare Partner gefunden. Für uns war es im Vorfeld schon schwierig genug, wegen der fehlenden Zuständigkeit überhaupt an einen Klavierauszug zu kommen. Das Werk war in mehrfacher Hinsicht verschüttet.
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