Zum 90. Geburtstag der großen Sopranistin Montserrat Caballé.
Von Kai Luehrs-Kaiser
Große Künstler sind deshalb groß, weil scheinbare Widersprüche sich in ihnen versöhnen. Das Wunder der Montserrat Caballé etwa basierte auf einer sichtlich schwergewichtigen Frau, der stimmlich Flügel wuchsen. Ihr Sopran war leicht wie eine Feder. Eine Eigenschaft war das, die Caballé durch virtuoses Herabdimmen, durch dynamische Schlankheitskurven, Pianissimi und Diminuendi zusätzlich zu sublimieren wusste. Ein Titel wie „La Sublima“ wäre ihr sicher gewesen, käme nicht ein zweiter, scheinbarer Gegensatz hinzu: Ihre hohen, scheinbar „überkandidelten“ Töne entsprangen einer „Diva zum Anfassen“. Sie konnte Spaß vertragen. Darüber, dass sie auch körperlich einiges zum Anfassen bot, wäre sie die Erste gewesen, die in ein schallendes Gelächter ausgebrochen wäre.
Sie war sicherlich nicht die Erste, die erkannt hatte, dass Oper auf leisen Tönen kommt. (Das hatte vor ihr auch schon – die von Caballé vergötterte – Renata Tebaldi gewusst.) Den Humor aber hat sie tatsächlich in die Oper eingebracht. Sie sorgte damit dermaßen für Erstaunen, dass Caballé immer aufs Neue auf unendlich vielen „Wetten dass“-Sofas Platz nehmen musste, um ihre hell anschlagende Lache in die Weiten diverser Mehrzweckhallen zu entsenden. Bei solcher Gelegenheit konnte es passieren, dass sie mit der ernstesten Miene der Welt darauf bestand, sie schwärme nicht etwa für Süßigkeiten und Fettgebäck, sondern für nichts anderes als: Gemüse. Und wenn es hochkäme, für Obst. Ja, diese Primadonna – wie sie im Buche steht! – verstand es, die Leute auf ihre Seite zu ziehen.
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