Mit etwas Pandemie-Verspätung erlebt Nino Rotas Il cappello di paglia di Firenze doch noch seine szenische Premiere an der Oper Graz. Eine Premiere der Oper aus der Hand des Oscar-prämierten italienischen Filmkomponisten ist selten genug.
Von Roland H. Dippel
In der Oper sind Komödien offenbar weitaus weniger gefragt als Tragödien. Dabei liebte das Publikum früher Albert Lortzing, bis er im deutschsprachigen Raum vom Evergreen zur Rarität wurde. Heute begeistert es sich für Rossinis L’italiana in Algeri und Smetanas Die verkaufte Braut, die allerdings nur bedingt zu den komischen Opern zählt. Neben Richard Strauss‘ Der Rosenkavalier haben es dessen Arabella und Intermezzo schwer, ganz zu schweigen von Hunderten italienischer und französischer Komödien und Komödchen des 19. Jahrhunderts. Insofern bleibt es ein kapitales Versäumnis, dass Nino Rotas Il cappello di paglia di Firenze (Der Florentiner Strohhut) fast 70 Jahre nach der Uraufführung 1955 in Palermo außerhalb Italiens noch immer ein Schattendasein führt.
Kurz bevor sich in Donaueschingen, Darmstadt und Venedig jene kreativen Energien bündelten, denen nach den Katastrophen des Zweiten Weltkriegs eine Fortsetzung des Schönen in der Musik unmöglich schien, komponierte Rota seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine meisterhafte Musik mit einem ebenso intelligenten wie herzlichen Bezugssystem auf Musiktheater-Meisterwerke des 19. Jahrhunderts. Deshalb wirkt Il cappello de paglia di Firenze auch wie ein ganz später Nachzügler jener Anstöße nach 1900, die sich um eine Erneuerung der Opernkomödie mit dem Anspruch auf deren Verfeinerung bemühten: Richard Strauss, Engelbert Humperdinck (Die Heirat wider Willen), Hans Sommer (Saint Foix), Walter Braunfels (Don Gil von den grünen Hosen) und vor allem Ermanno Wolf-Ferrari in seinen Opern nach Goldoni. Nino Rota (1911-1979), schon am Beginn der 1950er-Jahre ein anerkannter und gesuchter Filmkomponist, kam für diese Ära zu spät und trotzdem im genau richtigen Moment. Die Opernhäuser suchten mit wenig Erfolg nach neuen Komödien.
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