Lydia Steier eröffnet ihre Amtszeit in Luzern mit Mauricio Kagels einst unter Polizeischutz uraufgeführtem Staatstheater. Hier gibt sie erste Einblicke in die Produktion.
Von Kai Luehrs-Kaiser
Provokation als Lachnummer? So war es wohl nicht gemeint… Wer den Anfang von Mauricio Kagels Hauptwerk Staatstheater auf YouTube sieht – der Komponist wirkte in einer TV-Produktion 1970 als Darsteller persönlich mit –, muss über das Ganze lachen. Nicht mit dem Ganzen, wohlgemerkt, sondern darüber. In Ganzkörperkondomen huschen da windschiefe Figuren durch Laubsäge-Dekorationen, um auf Salatschüsseln und Tittenklemmen Musik zu machen. Wir übertreiben, na klar. Aber nur ein wenig. Die Pionierjahre der Opernprovokation wirken rückblickend kurios, handgemacht und läppisch ohne Ende. Man wünscht sie sich nicht zurück. Und wird sie gewiss auch nie zurückerhalten.
Ein Moment von „Kinder an die Macht!“ spukt in Kagels Neunteiler herum. Der Komponist wollte allem eins auswischen, was damals übel oder üblich war. Also: bloß keine Arien, keine durchlaufende Handlung, kein Orchester. Nur der Uraufführungs-Rahmen war reichlich groß und subventionstragend gezogen. Es hagelte Drohbriefe für die Hamburgische Staatsoper, wo man das Werk 1971 nur unter Polizeischutz uraufführen konnte. In der Retrospektive fühlt sich so etwas immer aufregend und toll an. Für den damaligen Intendanten Rolf Liebermann blieb die Uraufführung der Höhepunkt seiner bis heute umwölkten Hanseaten-Ära.
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