Schon die Wahl der Zeit und des Ortes spricht für sich: Knapp zwei Monate vor der Nobelpreisverleihung wurde am 18. Oktober im Stockholmer Konserthuset der Birgit-Nilsson-Preis vergeben. Mit einer Million Dollar dotiert, gilt er in der Welt der klassischen Musik inzwischen als wichtigste Auszeichnung. Erstmals geht er nun an einen Instrumentalisten, den amerikanischen Cellisten Yo-Yo Ma.
Von Antonia Munding
Bei der Pressekonferenz am Morgen hatte Yo-Yo Ma in einem Nebensatz über die Bedeutung der Stille in der Musik gesprochen. Wie sie den Nachhall, die Reichweite von Klang und Raum wahrnehmbar mache, die musikalische Struktur präge. Jetzt, in den Sekunden nachdem das Königspaar durch die rechte Seitentür ins Parkett getreten ist, sich das Auditorium schweigend erhoben hat, Sekunden bevor die schwedische Nationalhymne von der Bühne, den Rängen und aus dem Parkett hallen wird, schwebt dieser Nebensatz als stille Parole im Raum und unterstreicht die gesellschaftlichen und politischen Erwartungen, die diesen Preis begleiten.
Auf die Frage, wie man in schwierigen Zeiten die Musik weitertragen könne, von deren aktiver Teilhabe so viele Menschen ausgeschlossen blieben, antwortete Ma mit einem physikalischen Gleichnis: Schallwellen versetzten Luftmoleküle in Schwingung und erfassten, noch bevor sie von unserem Ohr wahrgenommen würden, unser größtes Sinnesorgan, die Haut. Um dieses magische Berührt-Werden, das vor dem Inhalt, der Semantik des gesungenen Wortes oder dessen musikalischer Phrasierung stehe: um dessen Weitertragen und Vervielfältigung gehe es.
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