Nach drei Jahrzehnten kehrt York Höllers Bulgakow-Adaption Der Meister und Margarita an die Oper Köln zurück. Mit viel Farbe überkleistert Valentin Schwarz dabei die szenische Ödnis, zumal das Stück selbst ein wenig Patina angesetzt hat. Die musikalische Umsetzung jedoch gelingt.
Von Stephan Schwarz-Peters
Ehrt eure Kölner Meister! Vier Jahre nach der kolossalen Produktion von Bernd Alois Zimmermanns Soldaten widmet sich die domstädtische Oper nun dem Zentralwerk einer weiteren lokalmusikgeschichtlichen Größe: York Höllers Meister und Margarita hatte hier bereits vor 30 Jahren, kurz nach der Pariser Uraufführung 1989, ein noch heute nachhallendes Debüt erlebt. War es Anno ‘91 Friedrich Meyer-Oertel, der auf dem Regiestuhl Platz genommen hatte, rekrutierte man für die Wiederauflage mit Valentin Schwarz frisches, junges, geradewegs auf dem Weg nach Bayreuth befindliches Blut. Dort muss er irgendwo auf der Höhe von Nibelheim den Einstieg in die Unterwelt ausfindig gemacht haben – und mit ihm den für dortige Kleidungsfragen zuständigen Kostümbildner Andy Besuch. Was die beiden aus diversen Höllenlöchern kriechen lassen, um die sonst kulissenarme, fast nackte Bühne zu bevölkern, reicht locker für eine Zehn auf der nach oben offenen Hieronymus-Bosch-Skala.
Seien es die wie aus einer schimmernd schwarzen, ölig-viskosen Substanz geformten Anzüge, denen die Teufelsbelegschaft ihr schleichend amorphes Aussehen verdankt, die als Großkünstlertreffen verkleidete Funktionärsversammlung, die in ihrer schillernden Buntheit so aussieht, als sei sie über das Holi-Festival gejagt worden, oder der Gerhard-Richter-Domfenster-Mantel, in den sich wahlweise Pontius Pilatus oder der stalkende Evangelist Levi Matthäus hüllen: Optisch hat dieses Pandämonium durchaus unvergessliche Reize. Doch alles, was dahinter liegt, geht rasch in Leerlauf über, in eine Art szenische Gymnastik, die fleißig Bilder ausspuckt und dabei wahlweise die Handlung doppelt oder konterkariert (besser gesagt: ignoriert). Den klügsten szenischen Einfall hat Schwarz im zweiten Teil, beim Satansball, der auch musikalisch den Höhepunkt des Stücks markiert – ein aus musikalischen Allusionen gesponnenes Netz, das mit „Sympathy for the devil“ sogar die alten Rock-Teufel von den Rolling Stones herbeizitiert. Hier überlässt die Regie ganz allein dem diesmal rechts postierten Gürzenich-Orchester die Show, lässt es krachen, dengeln und rumsen, während auf der Bühne exakt nichts geschieht.
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