Bei den Osterfestspielen Baden-Baden wird Strauss’ Die Frau ohne Schatten vom spätromantischen Opernmonster zum faszinierenden Theaterereignis, das hinter dem Märchenmantel spannende zeitlose Themen verhandelt.
Von Franziska Stürz
Eine bombastische Märchenoper zum zehnjährigen Philharmoniker-Jubiläum vor Ort gönnen sich die Baden-Badener Osterfestspiele – ein Werk, das Dirigent Kirill Petrenko die „Zauberflöte des 20. Jahrhunderts“ nennt. Aber kann oder will man heute Die Frau ohne Schatten wirklich als Märchen auf die Bühne bringen? Lydia Steier will es nicht. Viel zu viel Psychologie und existenzielle Daseinsfragen stecken auch für die Regisseurin in dem Stück, das sich um Mutterschaft, Frauenbild, Partnerschaft und Kindsein dreht. Steier erschafft für ihre Deutung einen neuen Charakter: Ein junges Mädchen wird im Klosterschlafsaal in einen wirren Albtraum hineingezogen, aus dem sich für das Publikum erst allmählich erschließt, dass dieses Mädchen eine Teenager-Mutter ist, die ihr Kind verloren oder vielleicht an Adoptiveltern abgegeben hat.
Vom Klosterschlafsaal gelangen wir in der virtuos sich wandelnden Bühne von Paul Zoller gemeinsam mit der zur Amme gewordenen Mutter Oberin und dem Mädchen in das gruselig-rosafarbene Reich von Barak und seiner Frau. Die beiden verkaufen lebensechte Babypuppen in Plastiktüten, die sich viele Paare entzückt aussuchen und mit nach Hause nehmen. Miina-Liisa Värelä gibt die kinderlose und frustrierte Färberin und wird hierfür von Kostümbildnerin Katharina Schlipf mit knallroten Haaren und Leopardenkleid ausstaffiert, doch muss sie ihre Reize meist unter dem rosa Arbeitskittel verbergen. Offensichtlich stellt sich Barak schon seit Jahren ziemlich unbeholfen an, weshalb es auch keine Nachkommen gibt. Wolfgang Koch erscheint meistens in Begleitung seiner drei übergewichtigen Klon-Brüder. Diese sind als im Takt hüpfende Dreiergruppe eines der komischen, revueartigen Elemente in Lydia Steiers stellenweise durchaus lustiger Inszenierung.
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