Die Metropolitan Opera New York hatte Verdis Don Carlos als französische Premiere angekündigt. Doch die erwies sich als Mogelpackung, denn wer die Pariser Fassung erwartet hatte, musste sich mit einer Aufführung begnügen, die weitestgehend der üblichen Mailänder Version folgte – nur eben in Übersetzung. Immerhin fielen die Vokalleistungen zufriedenstellend aus.
Von George Loomis
Don Carlo steht an der Metropolitan Opera seit 1950 regelmäßig auf dem Spielplan, doch in der laufenden Saison ist alles anders: Man spielt Don Carlos, das zusätzliche „s“ weist darauf hin, dass die düstere, dem Schiller-Stück folgende Saga um politischen und familiären Zwist zum ersten Mal auf Französisch gespielt wird, nicht in der sonst von den meisten Häusern bevorzugten italienischen Fassung. Mehr noch, in der Presseankündigung war von der „originalen französischen Version“ die Rede, was nahelegte, dass dem Publikum die ursprüngliche Grand opéra von 1867 geboten würde.
Musikhistoriker haben schon vor langer Zeit darauf hingewiesen, dass Französisch als die Originalsprache des Werks anzusehen ist, auch dann, wenn es in der Version gezeigt wird, die Verdi 1884 für Mailand anfertigte. Gesungen wird dort zwar auf Italienisch, doch arbeitete Verdi mit dem französischen Text, der von Camille du Locle, einem der Librettisten durchgesehen wurde. Egal in welcher Version: Wird Don Carlo(s) auf Italienisch gesungen, handelt es sich stets um eine Übersetzung.
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