Signor Gaetano heißt das neue Album von Javier Camarena. Im Interview spricht der mexikanische Tenor über Donizettis Theatralik und warum bei ihm Details wichtiger sind als der Kick der hohen Töne.
Interview: Uwe Friedrich
In Ihrer Karriere spielen die Opern von Gaetano Donizetti eine große Rolle. Ihre neue CD ist dem Meister sogar ganz gewidmet. Was begeistert Sie an diesen Werken?
Vor allem schreibt er ungeheuer einfallsreich. Für jede Situation fällt ihm etwas Neues ein. Wenn von Donizetti die Rede ist, denken die meisten Opernfans an L’elisir d’amore. Das ist zweifellos eine hinreißende Komödie. Dadurch hat sich allerdings der Eindruck verfestigt, dass seine Musik eher simpel gestrickt sei. Das ist vollkommen falsch. In den letzten Jahren wurden auch einige andere seiner Opern regelmäßig gespielt, aber es sind allenfalls zwölf, die sich durchsetzen konnten. Wir kennen also nur etwa 20 Prozent seines Schaffens. Dabei sind auch die düsteren Opern Caterina Cornaro oder Maria de Rudenz Meisterwerke mit herrlicher Musik. Wenn man die spezifische Musiksprache des Belcanto beherrscht, sind Donizettis Werke eine unerschöpfliche Fundgrube.
Wie würden Sie den spezifischen Donizetti-Stil beschreiben, der ihn von seinen Zeitgenossen Gioachino Rossini und Vincenzo Bellini unterscheidet?
Donizetti übertreibt es nie mit der Virtuosität des Gesangs. Rossini erzählt die Emotionen durch die Koloraturen und lässt sich gelegentlich von den Effekten davontragen. Bellini hat wundervolle Melodien, kein Zweifel, aber sie treiben immer sehr verlässlich auf den etwas vorhersehbaren Höhepunkt der Arie mit bewusst kalkulierten Spitzentönen hin. Donizetti mag zunächst unauffälliger scheinen, aber letztlich ist er der theatralischste der drei. Er verlässt sich nicht auf die Überwältigungsästhetik der Spitzentöne. Er zeichnet die Emotionen seiner Charaktere viel subtiler. „Una furtiva lagrima“ liegt nicht besonders hoch. Die Spitzentöne in Lucia di Lammermoor sind als Option aufgeschrieben für Sänger, denen diese Höhe bequem zur Verfügung steht. Aber bei ihm sind die Details wichtiger als der beeindruckende Kick.[restrict role=“subscriber, customer“ page=“2164″]
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: