In Wiesbaden erklingen Die Sache Makropulos und Aus einem Totenhaus an einem Tag. Die Sprunghaftigkeit von Janáčeks Musik schafft dabei realistische und transzendente Möglichkeiten der szenischen Vergegenwärtigung.
Von Roland H. Dippel
Wer hält das durch? Zu den Internationalen Maifestspielen Wiesbaden 2023 gibt es die beiden letzten Opern von Leoš Janáček im Doppelpack. Am gleichen Tag haben Die Sache Makropulos und Aus einem Totenhaus mit nur wenigen Stunden Abstand Premiere. Sicher: Beide Partituren – Makropulos mit 100 Minuten und Totenhaus mit 90 Minuten – ergeben zusammen nur knapp über drei Stunden Spieldauer. Aber was für drei Stunden! Diese Kombination ist aufpeitschender als Richard Strauss‘ Salome und Elektra an einem Abend. Doch während die beiden explosiven Strauss-Einakter mit suggestiven musikalischen Mitteln und drastischen Texten in Triebspiralen bis zu unsäglichen Todesfällen ein Arsenal an Reizmitteln auffahren, konzentrierte sich Janáček in Makropulos und Totenhaus auf die Essenz des menschlichen Lebens. Auch bei ihm geht es um Leben oder Tod – im Hintergrund stehen aber die ganz großen Fragen nach dem Sinn.
In Wiesbaden werden die Premieren Makropulos und Totenhaus am 30. April und die erste Reprise als Doppelprogramm angeboten, allerdings als zwei separate Veranstaltungen. Eine einzige Matinee widmet sich beiden Werken. Am Pult steht Johannes Klumpp, künstlerischer Leiter der Heidelberger Sinfoniker und der SommerMusikAkademie Schloss Hundisburg sowie des Folkwang Kammerorchesters Essen. Regie zu dem bemerkenswerten Projekt führt Nicolas Brieger, der dem Hessischen Staatstheater Wiesbaden als Schauspieler, Schauspiel- und Musiktheater-Regisseur seit Langem verbunden ist. Im Juni 2021 spielte Brieger die Titelrolle von Shakespeares König Lear in der Inszenierung des Intendanten Uwe Eric Laufenberg. In der Oper umfasst Briegers Regie-Spektrum alle Epochen vom Barock (Marc-Antoine Charpentiers Médee mit Magdalena Kožená am Theater Basel) bis zur Moderne (Ferruccio Busonis Doktor Faust an der Bayerischen Staatsoper München). In Wiesbaden gingen dieser Doppelinszenierung Briegers Lesarten von Shakespeares Hamlet, Verdis La traviata, Lessings Nathan der Weise und Mozarts Don Giovanni voraus.
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