Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin untersucht sehr umsichtig „Wagner und das deutsche Gefühl“.
Von Andreas Berger
Gefühle wissenschaftlich zu analysieren, ist ein gewagtes Unterfangen. Und das „deutsche Gefühl“, das stets zwischen Minderwertigkeitskomplex und Großmannssucht schwankte, kann man wie jedes Nationalgefühl für ebenso vielbeschworen wie schimärenhaft halten. Das Deutsche Historische Museum in Berlin hat sich Richard Wagner zum Zeugen für dieses Gefühl gewählt und breitet seine durchaus nicht stringente Haltung zu diesem Thema vor dem Hintergrund des erwachenden deutschen Nationalbewusstseins und der Reichsgründung im 19. Jahrhundert aus. Als zentrale Gefühlsregungen werden Entfremdung, Eros, Zugehörigkeit und Ekel gewählt. Das ließe sich freilich auf die meisten Nationalgefühle zuschneiden. Und unter den emotionalen Verbrämungen liegen ja auch handfeste politische und wirtschaftliche Interessen, wie sie die Parallelausstellung über „Karl Marx und den Kapitalismus“ im selben Haus für dieselbe Epoche darlegt.
Irgendwo starten beide, Wagner und Marx, zu Dresdner Revolutionszeiten 1849 ja noch bei derselben Analyse. Und es ist schon interessant, wie das Kuratoren-Team um Michael P. Steinberg in der Abfolge der vier Gefühlsthemen einen luftigen Parcours durch Wagners Leben und Werk schafft. Die mit Gemälden und manchmal erstaunlichen Objekten eröffneten Querverbindungen zum gesellschaftlichen Leben zeigen, wie Wagner im kulturellen Bereich diese Entwicklungen spiegelt. Wenig schlüssig ist nur der Ausflug zur Hygiene und die Votivtafeln, das ist weder deutsch noch wagnerisch.
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