Simon Rattle vollendete an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin seinen Janáček-Opern-Zyklus mit Die Sache Makropulos. Marlis Petersen feierte ein glanzvolles Debüt als Emilia Marty, in geschmackvollen Dekorationen von Claus Guth.
Von Eleonore Büning
Der altmodische Begriff „Roboter“ kursiert zwar in vielen Sprachen. Dass es sich dabei aber eigentlich um ein historisch blutjunges Lehnwort aus Tschechien handelt, genauer gesagt aus Prag, und somit um einen Cousin des unheimlichen, menschenbildähnlichen Prager Golems, wissen wohl die wenigsten. Die ersten Roboter tauchten 1920 auf, in einem Theaterstück des Schriftstellers Karel Čapek, der sich diese literarische Wortschöpfung – abgeleitet von „robota“ = Zwangsarbeit – bei seinem Bruder, dem Maler und Grafiker Josef Čapek ausgeborgt hatte. In dem Stück R.U.R. („Rossumovi Univerzálni Roboti“) zetteln in einer Fabrik schuftende Automaten einen Aufstand an, sie vernichten am Ende die gesamte Menschheit.
Das nächste Erfolgsstück von Karel Čapek, als Komödie deklariert, hieß Věc Makropulos, es kam zwei Jahre später heraus und berichtet, im Gegenteil, von einem mittelalterlichen Prager Alchimistengebräu, welches die Menschheit tendenziell zur Unsterblichkeit verdammt. In Musik gesetzt wurde diese Geschichte von Leoš Janáček. Die Sache Makropulos ist seine achte und vorletzte große Oper, ein Alterswerk, mit allerhand spätwerklichen Längen und Sprödigkeiten, Schrunden und Stacheln, was nicht zuletzt daran liegt, dass Janáčeks Heldin, die Opernsängerin Emilia Marty, wenn sich der Vorhang hebt, bereits 337 Jahre alt ist. Man sieht es ihr zwar nicht an. Trotzdem ist und bleibt diese Figur, so jung und diamantenhell sie auch auftritt und so zauberisch violinsoloumsponnene Kantilenen sie auch singen mag kurz vor Schluss, eine mordsgefährliche Spukgestalt.
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