An der Straßburger Opéra du Rhin hat der russische Regie-Shootingstar Evgeny Titov aus Monteverdis L’incoronazione di Poppea einen Opernthriller gemacht. Raphaël Pichon sorgt mit seinem Ensemble Pygmalion für feine Zwischentöne.
Von Susanne Benda
Als Evgeny Titov 2020 am Staatstheater Wiesbaden Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk inszenierte, spürte man sofort: Der gebürtige Kasache – als Schauspieler ausgebildet in St. Petersburg, als Regisseur am Max-Reinhardt-Seminar in Wien – ist einer, der auch in der Oper auf elektrisierende Weise Geschichten erzählen kann. Ein Neugieriger, Kreativer, manchmal auch Radikaler, ein noch Unverbrauchter, der mit Lust und viel Fantasie alte Werke ins Heute überführt. Und der die Darsteller so zu packen weiß, dass sie alles zu geben und zu zeigen bereit sind – so wie in seinen besten Jahren der Katalane Calixto Bieito. Schon standen größere Opernhäuser Schlange. Im Oktober wird er die kommende Saison der Bayerischen Staatsoper mit Mozarts Figaro eröffnen, und schon für diesen Mai hat ihn das Opernhaus Zürich für George Benjamins Lessons in Love and Violence verpflichtet.
Dieser Titel hätte auch zu dem gepasst, was jetzt bei der Premiere von Claudio Monteverdis L’incoronazione di Poppea an der Opéra du Rhin in Straßburg zu sehen war. Ihre Lektionen in Liebe und Gewalt haben nämlich auch Nero und Poppea gelernt, und hier wie dort geht es um heißes Begehren und kaltes Machtstreben. Wenn sich bei Monteverdi am Ende die Stimmen des römischen Kaisers und seiner Geliebten in einem der schönsten Liebesduette der Musikgeschichte umschlingen, dann ist die Frage nach der „Moral von der Geschicht‘“ obsolet.
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